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OFC vs. RWE 0:1 / Smells Like Team Spirit

Er war an vier von fünf gefährlichen Offensivaktionen des RWE beteiligt und schoss das entscheidende Tor zum Auswärtssieg in Offenbach. Außerdem sollte nicht unterschlagen werden, dass er über die ganze Spielzeit hinweg unentwegt nach hinten gearbeitet hat. Die Rede ist natürlich von Mijo Tunjic, dem – auch hier – viel Kritisierten. Stürmer vom Typ des Niederländers (eher dynamisch-kraftvoll als technisch-filigran) und ich, werden in diesem Leben keine ziemlich besten Freunde mehr. Sei’s drum – er hat am Samstag auf dem Bieberer Berg ein gutes Spiel gemacht und dafür soll ihm die gebührende Anerkennung zuteil werden.

Es war zu jedem Zeitpunkt ein äußerst enges Spiel. Der RWE hätte es ebenso gut verlieren können, genauso wie wir das Spiel gegen Saarbrücken eine Woche zuvor hätten gewinnen können. Es hängt von Kleinigkeiten ab, auf die man nur zu einem gewissen Teil Einfluss hat. Alois Schwartz hatte das Seine an Einfluss geltend gemacht. Oumari rückte erneut ins defensive Mittelfeld und erledigte seinen Job dort fehlerfrei. Sobald der RWE sehr tief steht, fungiert er als zusätzlicher Verteidiger, ansonsten sichert er Engelhardt, vor allem aber Pfingsten-Reddig, ab. Letzterem gab dies die notwendige Freiheit, um sich, wenn die Gelegenheit es zuließ, in vorderster Linie in die Angriffe einschalten zu können. Das sollte von spielentscheidender Bedeutung sein. Genau daran mangelte es eine Woche zuvor, als Baumgarten auf der Oumari-Position keine Stabilität in seine Aktionen bekam und somit auch Pfingstens offensiver Drang beschränkt bleiben musste.

In der ersten Halbzeit verbissen sich beide Kontrahenten fest ineinander. Wie bei zwei griechisch-römischen Ringkämpfern wurde um minimalste Vorteile gerungen. Ästhetisch weiß Gott kein Vergnügen. Die realtaktische Analyse zeigt, dass der RWE Vorteile auf der rechten Seite hatte. Möhwald und Ofosu-Ayeh waren defensiv kaum gefordert, ihre Angriffsbemühungen (zuweilen unterstützt vom herbeieilenden Öztürk) scheiterten aber an Ungenauigkeiten im Passspiel. Außerdem haben beide Spieler die Tendenz Flügelangriffe nicht konsequent zu Ende zu spielen, weil sie in Höhe des Strafraums oft in die Mitte des Feldes ziehen. Die Kickers machten Druck auf unsere linke Abwehrseite, scheiterten jedoch gleichfalls an ihrer mangelhaften Passqualität. Durch die Spielfeldmitte lief offensiv für beide Teams nichts zusammen. Mit einer Ausnahme: Tunjic setzte sich einmal zentral sehr schön durch. Leider hatte kein RWE-Mittelfeldspieler diese Möglichkeit antizipiert, sodass unser Stürmer völlig auf sich allein gestellt war und aus spitzem Winkel einen wenig aussichtsreichen Schussversuch unternehmen musste. Gefährliche Offensivaktionen des OFC gab es keine.

Das Spiel setzte sich in der 2. Halbzeit unverändert fort, nur dass der OFC jetzt mehr riskierte. Was sein Verderben werden sollte. Nach einem Ballverlust der Offenbacher im Mittelfeld bereitete Pfingsten-Reddig erst die Führung für den RWE vor, dann verpasste Tunjic die Vorentscheidung, als er die nächste perfekte Hereingabe des Erfurter Kapitäns an die Latte knallte. Die beiden Zuspiele von Pfingsten-Reddig sollte man sich im Taktikseminar des RWE mehrmals sehr intensiv anschauen. Erstens zeigen sie nämlich, dass es sich lohnt, konsequent die Außenbahnen zu besetzen. Zweitens machen sie deutlich, wie man Mijo Tunjic anspielen muss, damit er seine Stärken einsetzen kann. Keine halbgewalkten, halbhohen, halbgenauen Anspiele in die Spitze, sondern gut temperierte Flanken von den Außenbahnen.

Den Rest des Spieles verteidigte der RWE die Führung mittels einer mannschaftlich löblich geschlossenen und kämpferisch vorbildlichen Einstellung. Wobei dem OFC herzlich wenig einfiel, um das von Sponsel fehlerfrei gehütete Erfurter Tor erfolgverprechend zu belagern. Spielerisch eigentlich gar nichts, um genau zu sein; nur bei Standards musste gezittert werden.

Das Spiel gegen unsere trickreichen Freunde aus Aachen ist unterdessen erneut abgesagt.  Abgesagt ist auch meine Hoffnung, dass es jemals wieder Temperaturen über zehn Grad in unserem Teil der Welt geben wird. Irgendetwas scheine ich – tumber Tor, der ich bin – an den Prognosen der Genies des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung grundsätzlich falsch verstanden zu haben. Egal. Am Samstag kommt der Ligaprimus aus Karlsruhe und ich hoffe einfach darauf, dass es dem KSC ebenso ergeht, wie (fast) allen anderen Mannschaften die in letzter Zeit ins Steigerwaldstadion als Spitzenreiter kamen: Nämlich, dass die Badener ohne Punkte die lange Heimreise antreten müssen.

Mit dieser schönen Verheißung zittere ich mich durch den Rest der Woche.

1. FC Saarbrücken vs. RWE 0:2 / Der verdiente erste Auswärtssieg

Möhwald erzielte seinen ersten Drittligatreffer © www.fototifosi.de

Der Ludwigspark kündet eindrucksvoll von den großen Zeiten des 1. FC Saarbrücken. Und daran, dass diese bereits einige Zeit zurückliegen. Als Anhänger des RWE kommt einem das vertraut vor. Vertraut war einem auch die Aufstellung die Alois Schwartz ins Duell der beiden Traditionsvereine schickte. Wie bereits vermutet, änderte er Preußers Formation nur da wo er musste, und brachte Tunjic für den verletzten Morabit.

Die Spiele gegen Aachen und den BVB hatten der Mannschaft Sicherheit und Struktur gegeben. Das war von der ersten Minute an zu spüren. Wenn Saarbrücken das Spiel aus der Abwehr heraus aufbaute, versuchten Tunjic und Möhwald die Passwege ins Zentrum zu blockieren. Mit einigem Erfolg – der FCS war so gezwungen lange, hohe Bälle zu spielen oder verlegte seine Angriffsbemühungen viel zu früh auf eine der Außenbahnen. Beides war relativ einfach zu verteidigen. Möckel und Oumari machten ihren Job tadellos. Können sie diese Form konservieren, werden es Bertram und Rauw schwer haben ihre Stammplätze zurück zu erobern. Vor allem Möckel überzeugte mich dieses Mal nicht nur als Abwehrorganisator, sondern wusste sogar mit einigen gescheiten und genauen Bällen zur Spieleröffnung beizutragen. Bei eigenen Ballverlusten in der Hälfte von Saarbrücken wurde versucht – nicht selten mit Erfolg -, über Gegenpressing den Ball möglichst umgehend wieder in Besitz zu nehmen. Hier verdiente sich besonders der unglaublich agile und laufstarke Strangl Bestnoten, dem kein Weg zu weit und kein Zweikampf zu viel war. Im Grunde gilt dies ebenso für Drexler. Bei der Bewertung seiner Leistungen wird aufs Neue der Fehler wiederholt, der in der letzten Saison zu einem überkritischen Umgang mit Gaetano Manno führte. Beides sind von Haus aus Stürmer, müssen aber, wenn sie auf den Außenbahnen spielen, viel Energie aufwenden, um ihren defensiven Aufgaben nachzukommen. Exemplarisch erinnere man sich an die Defensivanfälligkeit der Bayern, sobald Robben und Ribéry ihre diesbezüglichen Pflichten vernachlässigen. Die Note 4 für Drexler in der heutigen TA ist eine Frechheit. Wer allein Tore zum Kriterium der Bewertung eines Spielers erhebt, versteht von der komplexen Aufgabenverteilung im modernen Fußball in etwa soviel wie Ottfried Fischer vom Vegetarismus.

Mijo Tunjic. Hier muss ich Abbitte leisten, denn eigentlich hatte ich nach dem Pokalspiel in Heiligenstadt alle Hoffnungen fahren lassen, dass es mit ihm und dem RWE noch jemals etwas werden könnte. Und jetzt das: Honeymoon – Kate und William vergleichsweise altes Ehepaar! Ganz abgesehen vom Tor – er nahm zum ersten Mal nennenswert am Spiel der Mannschaft teil, ließ sich tiefer fallen als zuletzt und erhielt so deutlich mehr Zugriff auf das Geschehen. Er leistete sich auch am Samstag das ein oder andere vermeidbare Fehlabspiel, glänzte aber andererseits mit einigen vertikalen, längeren Zuspielen. Und schoss – nach Freistoß von Pfingsten-Reddig – ein schönes, ungemein wichtiges Tor zur Führung des RWE. Wenn es ihm gelingt, diese Leistung zu verstetigen, werden wir noch viel Freude an ihm haben.

Meine einzige, klitzekleine Kritik am Coaching von Alois Schwartz: Ich hätte Tobias Ahrens schon zehn Minuten früher eingewechselt. Es sei an das Spiel der Erfurter in Wiesbaden in der letzten Saison erinnert. Bereits damals irrwischte Ahrens durch die Innenverteidigung und erzielte fast ein Tor. Diesmal hatte er (innerhalb von nur 4 verbleibenden Spielminuten) gleich zwei Großchancen, eine davon endete am Pfosten. Sobald nach einer Führung des RWE Konterräume vorhanden sind, ist Ahrens eine erstklassige Option. Mit seiner Schnelligkeit stellt er eine Heimsuchung für alle Verteidiger dar – noch dazu, wenn sie bereits 80 Minuten Spielzeit in den ausgelaugten Knochen haben.

Am nächsten Samstag kommt es im Steigerwaldstadion zum Spitzenspiel. Der Erste und Zweite der ewigen Drittligatabelle treffen aufeinander; gewinnt der RWE schubsen wir den OFC wieder vom Thron. Ein zweifelhaftes Vergnügen, ich weiß. Aber auch so ist das Wort vom Spitzenspiel nicht völlig absurd (sondern nur ein bisschen). Zwar ringen beide Mannschaften nach einem grandios verkorksten Ligastart vorerst um Anschluss ans Mittelfeld, allerdings befinden sich alle zwei Teams momentan in sehr guter Verfassung. Offenbach hat von den letzten 5 Ligaspielen drei gewonnen und keines verloren. Dazwischen fiel der so deutliche wie verdiente DFB-Pokalsieg gegen den Erstbundesligisten Greuther Fürth (2:0). Man muss kein Loddar Matthäus sein, um sicher davon ausgehen zu können, dass der OFC stärker sein wird als zuletzt Aachen, der BVB-Nachwuchs und Saarbrücken.

Ihr wisst schon: Prüfstein, harter Brocken und so.

Sportlicher Erfolg trotz sanitärem Debakel

Der Schein trügt. Bei dem hier abgebildeten Gebäudekomplex handelt es sich nicht um ein provisorisches Terrorcamp im Hindukusch. Was sie hier sehen, sind die Funktionsgebäude des Sportzentrums Cyriaksgebreite. Fertig gestellt Ende der siebziger Jahre, wird es seitdem vom FC Rot-Weiß Erfurt als Trainingsgelände und für den Spielbetrieb seiner Nachwuchsmannschaften genutzt. In dieser Sache gab es gestern gute Nachrichten zu vermelden: der RWE konnte mit vier seiner begabtesten A-Junioren Profiverträge abschließen: Kevin Möhwald, Maik Baumgarten, Patrick Göbel und Philipp Klewin werden ab der nächsten Spielzeit den Kader des Drittligateams verstärken.

Seit seiner Entstehung wird, quasi systemübergreifend, in der Talentschmiede des RWE gute Arbeit geleistet. In der aktuellen Saison spielen die A-Junioren eine hervorragende Rolle in der Junioren-Bundesliga, die B-Junioren können sich Aufstiegshoffnungen in die deutsche Nachwuchseliteliga machen.

Das ist ein kleines Wunder, beschaut man die Rahmenbedingungen etwas genauer, unter denen im Erfurter Gebreite trainiert werden muss. Die Qualität der Plätze ist sicherlich nicht optimal, vor allem fehlt ein wintertauglicher Kunstrasenplatz, angesichts anderer Mängel kann man diese Defizite jedoch getrost vernachlässigen. Das eigentliche Problem stellen die Umkleidekabinen und sanitären Einrichtungen dar. Im Grunde ist hier seit 30 Jahren nichts passiert, was die Bezeichnung Sanierung rechtfertigen würde. Von Modernisierung gar nicht zu reden. Der Verein Pro-RWE. Die Nachwuchspaten hat es sich zur Aufgabe gemacht, alle Nachwuchsabteilungen des Vereins nach Kräften zu unterstützen. In dieser Eigenschaft konnten sich einige Mitglieder vor zwei Wochen einen Überblick über den Zustand der sanitären Anlagen machen. Und waren einigermaßen sprachlos. Nebenstehendes Foto soll verdeutlichen, dass es hier nicht um goldene Wasserhähne oder Marmor geflieste Entmüdungsbecken geht, sondern um elementare hygienische Mängel. Ein Mitarbeiter der RWE-Nachwuchsabteilung sagte, ich zitiere: «Meine Kinder würde ich hier nicht duschen lassen.» Nun, sehr viel eindrücklicher kann man das Desaster kaum beschreiben.

Eine Renovierung des Duschbereiches würde – nach Angaben eines Mitarbeiters – ungefähr 10.000 EUR kosten. Angesichts der über lange Jahre immer wieder aufs Neue unter Beweis gestellten Leistungsfähigkeit des RWE-Nachwuchszentrums eine Summe, welche die Stadt Erfurt und der Verein aufzubringen in der Lage sein sollen. An der Unterstützung des Vereins Pro-RWE. Die Nachwuchspaten soll es nicht mangeln. Für eine Summe dieser Größenordnung allerdings, bedarf es der Kooperation mit Eigentümer und Hauptnutzer. Private Initiative kann viel leisten, Wunder gehören nicht dazu.

Rot-Weiß Erfurt vs. Unterhaching / Irgendwie gewonnen

Pfingsten-Reddig schaut seinem Tor zu / © www.fototifosi.de

Es gab in dieser Saison einige Spiele, die der FC Rot-Weiß Erfurt im heimischen Steigerwaldstadion hätte gewinnen müssen. Jenes vom Samstag gegen Unterhaching gehört definitiv nicht in diese Kategorie. Wenn es dumm normal läuft, führen die Gäste zur Halbzeit mit 3:1. Mindestens.

Sponsel könnte auch Handballtorwart

Dabei begann es richtig gut. Pfingsten-Reddig, Morabit und der Meister höchstselbst waren an den Vorbereitungen zu Reichweins Führungstreffer beteiligt. Da waren noch keine 120 Sekunden gespielt und alle hofften auf eine Gala à la Sandhausen. Dass nichts daraus wurde, lag in erster Linie an der SpVgg Unterhaching. Bereits unmittelbar nach dem Gegentreffer hatten sie die Riesenchance auf den Ausgleich. Andreas Sponsel wurde zu einer ersten Glanzparade genötigt, weitere vier Mal wehrte er anschließend Schüsse aus kürzester Entfernung ab; die Sinnhaftigkeit seiner Vertragsverlängerung eindrucksvoll unterstreichend. Ihm allein war es zu danken, dass der Ausgleich erst kurz vor dem Halbzeitpfiff fiel. Gegen Hefeles Schuss aus abermals kürzester Distanz war er chancenlos. Es war ohnehin nur eine Frage, wann der Ausgleich fallen würde, nicht ob.

Ehrlich gesagt waren meine Hoffnungen auf eine bessere zweite Halbzeit des RWE arg limitiert. Wortschatz von Podolski nichts dagegen. Wer sich für die derzeitigen fußballerischen Baustellen des RWE interessiert, muss sich keinen Cutter suchen. Ein Videoband der ersten Hälfte genügt vollauf. En suite gaben sich alle Defizite die Ehre: Das zentrale Mittelfeld bekam keinen Zugriff auf ihre jeweiligen Kombattanten in dieser entscheidenden Zone. Entweder stand man zu weit von den Gegenspielern entfernt oder attackierte diese nicht aggressiv genug. Des Gleichen war die Raumaufteilung mangelhaft. Den Hachingern gelang es immer wieder, flache, vertikale Bälle zu spielen, ein sicheres Indiz dafür, dass das Verstellen der Passwege nicht wirklich funktioniert. Was die Verteidiger zuverlässig alt aussehen lässt.

Schlagseite auf links / Segen und Fluch in einem

Zudem hatte das Spiel des RWE, nicht zum ersten Mal, schwere Schlagseite nach links. Ich denke, nein, ich bin sicher, dass dies in erster Linie mit der Positionierung von Olivier Caillas auf der linken Abwehrseite zu tun hat. Wird hinten herausgespielt, ist es zumeist Caillas der den Spielaufbau betreibt. Er versucht zunächst schon (taktisch lehrbuchmäßig), das Aufbauspiel zentral anzulegen. Sind allerdings die Passwege auf die beiden 6er verstellt, spielt er dann aber sehr häufig einen langen Ball auf die linke Seite. Diese Zuspiele haben meist eine hohe Qualität, weswegen Morabit und Pfingsten-Reddig sich häufig in diesen Raum orientieren. Zusätzlich zum offensiven Spieler auf dieser Seite (z.B. Drexler) und zum evtl. noch aufrückenden Caillas selbst. Was für eine hohe spielerische Qualität auf dieser Seite sorgt. Meiner Schätzung nach sind mindestens die Hälfte aller Tore und Torchancen des RWE  in der zweiten Saisonhälfte auf diese Weise entstanden. So what, ist doch prima! Im Grunde schon, wenn da nicht noch die rechte Hälfte des Spielfeldes wäre. Dazu muss man sich klar machen, das Pfingsten-Reddig um nach links zu kommen, den eigentlich auf dieser Seite des zentralen Mittelfeldes agierenden Engelhardt quasi links überholen muss. Wird der Ball in so einem Moment vom Gegner abgefangen, ergeben sich auf unserer rechten Defensivseite unendliche Räume für schnelle Konter. Das ist dann kaum zu verteidigen.

Stefan Emmerling weiß um dieses Manko. Es ist halt nur verdammt schwer zu beheben, da unser Offensivspiel über die rechte Seite eklatante spielerische Defizite aufweist. Weidlich, mit mehr Schatten als Licht (und insgesamt einer Stagnation in seiner Entwicklung) und Ofosu-Ayeh, der zwar rackert wie ein Grubengaul, aber mit seinen Forrest-Gump-Gedächtnisläufen zu einem konstruktiven, passorientierten Spielaufbau wenig beiträgt. Nun, das Problem der linksseitigen Asynchronität wird sich mit dem Abschied von Olivier Caillas vermutlich erübrigen. Um eine raumgreifende initiale Spielgestaltung seiner Elf muss sich Stefan Emmerling jedoch weiterhin sorgen. Eine – möglicherweise auch durch neues Personal herbeizuführende – Verstärkung der rechten Seite spielt dabei in seinen Überlegungen gewiss eine Rolle.

Ein Endspiel in Chemnitz / Auch für die Mannschaft?

Wie gesagt, ich hatte mich eigentlich von allen Hoffnungen für diese Begegnung verabschiedet. Und die ersten Minuten der zweiten Halbzeit schienen wenig geeignet, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Doch dann drehte das Spiel, ebenso unvermittelt wie deutlich sichtbar: Der RWE gewann mehr Zweikämpfe, zweite Bälle wurden erobert, die Passgenauigkeit erhöht, es gelang sogar die ein oder andere Spielverlagerung auf die rechte Seite. Nach dem Tor von Pfingsten-Reddig waren die Hachinger zunächst nicht in der Lage etwas Zwingendes zu erwidern. Der RWE schien das Ergebnis nach Hause schaukeln zu können. Das war optimistisch gedacht. Von mir und wohl gleichfalls von der Mannschaft. Denn in den letzten Minuten kam es zu einem Dauer-Tohuwabohu im Erfurter Strafraum. Der Fußballgott mag ein launischer Himmelsfürst sein – grundhaft ungerecht ist er nicht. Das Glück, jenes uns in einigen Saisonspielen abging, war dem RWE in der crunch-time gegen Unterhaching gewogen. Die drei Punkte blieben im Steigerwaldstadion.

Jetzt Chemnitz. Die verloren zwar in Regensburg, allerdings höchst unglücklich, denn der CFC war dort in weiten Phasen das bessere Team. Die Mannschaft von Gerd Schädlich wird bis in die letzte Synapse hinein motiviert sein. Emmerlings Spieler erwartet zudem ein emotional aufgeheizter Hexenkessel. Dort kann nur erfolgreich sein, wer über 90 Minuten engagierten, strukturierten und konzentrierten Fußball spielt. Das Setzen gelegentlicher spielerischer Glanzlichter wird im Stadion an der Gellertstraße nicht mal ansatzweise genügen. Nicht gegen diesen Gegner, nicht in dieser Atmosphäre. Aber, ich wüsste keinen geeigneteren Anlass für die Mannschaft, alle Kritiker von ihrer fußballerischen und charakterlichen Stärke zu überzeugen. Auf geht’s Jungs!

Geringes Zuschauerinteresse – It’s the Liga, stupid

Aus gegebenem Anlass, eine kurze Betrachtung der Zuschauerzahlen des RWE für die letzten elf Spielzeiten und die bisherigen Heimspiele dieser Saison.

1. Keine grundstürzend neue Erkenntnis, aber offensichtlich spielt die Ligazugehörigkeit des RWE für die Anzahl der Zuschauer bei Heimspielen die alles überragende Rolle. Im Grunde wurde der Publikumszuspruch in der Zweitligasaison 04/05 im Vergleich zur Vorsaison fast verdreifacht. Der für die RL-Süd relative hohe Wert der Aufstiegssaison 03/04 verdankt sich ausschließlich den beiden letzten Heimspielen, als der Aufstieg schon fast greifbar war bzw. (im Spiel gegen Saarbrücken) perfekt gemacht werden konnte. Ansonsten gab es in jedem der vorherigen Heimspiele des Aufstiegsjahres eine (meist deutlich) kleinere Zuschauerzahl als die so vehement beklagten 4.968 gegen Regensburg vom letzten Samstag.

2. In weit geringerem Ausmaß (aber dennoch deutlich erkennbar) entscheidet über die Zuschauerzahlen die Leistung der Mannschaft innerhalb derselben Spielklasse. In der letzten RL-Nord Saison (2007/2008) spielte der Verein fast durchweg um den Aufstieg mit. Den geringsten Zuschauerzuspruch gab es dabei am ersten Spieltag (gegen LR Ahlen), was darauf hindeutet, dass es nicht die Erwartungshaltung der RWE-Fans vor der Saison war, die für den anormal guten Zuschauerschnitt sorgte, sondern die spektakuläre und erfolgreiche Spielweise einer Mannschaft, die mit Kohlmann, Brückner, Rockenbach, Bunjaku und Kumbela (nur erste Halbserie) erstklassig besetzt war. Die durchschnittlich 7.390 Zuschauer dieser Saison stellen für mich so etwas wie die obere Grenze dessen dar, was in Erfurt mit Drittligafußball (unter den gegebenen Umständen: sprich altes Stadion) erreicht werden kann.

3. Des Weiteren ist auffällig, dass sich die Zahlen in den letzten Jahren um die 6000er Marke herum eingependelt haben. Damit liegen sie deutlich über den Zahlen der RL-Süd-Zeit, und zwar um immerhin ca. 2.000 Zuschauer. Selbst wenn man den Sondereffekt herausrechnet, dass die Gegner in der RL-Süd nominell äußerst unattraktiv waren (außer Jena keine ostdeutschen Traditionsvereine), bleibt ein deutlich größerer Zuschauerschnitt innerhalb der gleichen Spielklasse zu konstatieren.

4. Klar ist zudem: Gegner wie Wehen, Aalen, Sandhausen, Heidenheim, etc. waren und sind Kassengift. Sie bringen kaum eigene Fans mit und haben auf potenzielle Besucher in etwa die Anziehungskraft einer Darmspiegelung. Da nützt es wenig, wenn sie attraktiven und erfolgreichen Fußball spielen. Mit den Teams aus Regensburg, Offenbach, Münster, Darmstadt, Oberhausen ist es nur Nuancen besser. Auch die westdeutschen Traditionsvereine haben eine eher überschaubare Sogwirkung auf hiesige Fußballfans. Aber wenigstens wirkt sich ihre mitgereiste Anhängerschaft positiv in der Bilanz aus. Allein ostdeutsche Traditionsklubs wie Dresden, Rostock, Aue, Chemnitz scheinen eine ungebrochen magnetische Anziehungskraft zu entwickeln. Gegen diese Vereine liegt die Zuschauerzahl immer signifikant über dem Durchschnitt einer Saison. Man mag über Ostalgie (und was sie bedeutet) unterschiedlicher Meinung sein, für den Kontostand des Vereins ist sie ein Segen.

5. Nach Jahren in denen der Aufstieg in die zweite Liga über längere Zeit (am besten bis nahe ans Ende einer Spielzeit) möglich war, folgten Jahre mit geringerem Publikums-Interesse. Nennen wir es mal: post-saisonale Frustration. Belege dafür sind die Spielzeiten 01/02 (5. Platz, 4.362 Zuschauer) vs. 02/03 (9., 3.493), 07/08 (7., 7.390) vs. 08/09 (10., 6.142). Ein Teil der Anhänger verliert schlichtweg den Glauben daran, dass der RWE es jemals wieder schaffen wird aufzusteigen und verweigert die persönliche Teilhabe an diesem Drama. Dieser Glaube allein ist es jedoch, der in der Erfurter Dritt-Liga-Realität für deutlich mehr als 6.000 Zuschauer durchschnittlich sorgen kann. Dieses Phänomen droht auch in diesem Jahr und ist nur zu verhindern, wenn die Mannschaft gegen Ende der Saison auf dem Relegationsplatz steht, oder diesen glaubhaft noch erringen kann. Dann allerdings wird sich das altersmüde Steigerwaldstadion vor euphorischen Erfolgsfans wieder mal nicht retten können. Wie im Aufstiegsjahr 2004, als sich die Zuschauerzahlen bei den letzten beiden Heimspielen jeweils verdoppelten. Sei’s drum, sie wären uns alle willkommen. Auch wenn die Chancen auf eine Wiederholung dieses kleinen Fußballwunders seit dem gestrigen Sieg der Regensburger drastisch gesunken sind.

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