Archiv für Februar 27, 2016

Liebster Award

 

Mir wurde von Gunnar, vom Wiesbadener Stehblog, ein Blogstöckchen gereicht. Dafür den gebührenden Dank. Es ist schon ein wenig bemoost, weil zwischenzeitlich doch drei Wochen ins Land gingen. Hat aber Spaß gemacht, die Fragen zu beantworten.

In medias res:

1. Für welchen Verein schlägt dein Herz und wann wurde diese Liebe entfacht?

An der Hand des Vaters besuchte ich meine ersten Spiele des FC Rot-Weiß Erfurt. Ich muss damals sechs oder sieben gewesen sein. Seitdem bin ich Anhänger des größten Vereins meiner Heimatstadt. Es war nichts selbst Gewähltes. Der Verein ist mir wie ein naher Angehöriger. Unsere Beziehung war und ist wechselhaft. Aber im Kern unzerstörbar.

2. Wer war als Kind Dein Lieblingsspieler und wer ist es heute?

Ich beziehe die Frage mal auf Spieler des FC Rot-Weiß Erfurt. Alle anderen Antworten könnten die geneigte Leserschaft verstören.

Mein Lieblingsspieler als Kind war Rüdiger Schnuphase. Ich glaube, er war der einzige Abwehrspieler (Libero), der jemals Torschützenkönig einer höchsten deutschen Spielklasse wurde. Man stelle sich eine Art Arturo Vidal vor, nur torgefährlicher. Unglaubliche Physis und Willenskraft in Tateinheit mit guter Technik. Der feuchte Traum aller Trainer. Er wechselte 1976 unter dubiosen Umständen nach Jena. Was ich ihm damals wie heute nicht weiter übel nahm, weil dem Ganzen eine Erpressung zu Grunde lag: Du wechselst zu einem Klub, den wir lieb haben, dann spielst du weiter Nationalmannschaft. Damals ahnte man das nur, heute kann man diesen bitteren Teil der DDR-Sportgeschichte seriös dokumentiert nachlesen.

Wohl wenig überraschend ist mein aktueller Lieblingsspieler bei RWE Carsten Kammlott. Ich mag Stürmertypen wie ihn generell. Technisch gut, physisch robust, ein Mannschaftsspieler in jeder Hinsicht. Großartig, wie er sich seine miese Laune nach unserer Niederlage in Münster auch im Studio der Sportschau nicht verderben ließ. Als er zum Torschützen des Jahres gekürt wurde.

(Franz Beckenbauer)

3. Wie regelmäßig bist du im Stadion? Heimdauerkarte? Auswärtsfahrer?

Seit ich wieder in Erfurt wohne, also seit 13 Jahren, habe ich eine Dauerkarte. Auswärts ist so eine Sache. Wenn man beruflich viel unterwegs ist, hat man nicht den ganz großen Bock noch das Wochenende auf Autobahnen zu verbringen. Daher sind Auswärtsfahrten die Ausnahme. Meine Hochachtung gilt all jenen Fans, die das regelmäßig tun.

4. Welches Spiel würdest du gerne wieder und wieder erleben?

Am emotionalsten war für mich unser 4:2 nach Verlängerung gegen Lok Leipzig. Im Halbfinale des FDGB-Pokals 1980. «Wir fahren nach Berlin!» Ekstase pur. Die DDR-Meisterschaften in den Fünfzigern lagen so weit zurück wie der Dreißigjährige Krieg. Seitdem: keine Chance irgendwas zu gewinnen. Ich war 17, dauerbesoffen und unglaublich glücklich.

5. Auf welches Erlebnis mit deinem Verein hättest du gerne verzichtet?

Auf Pavel Dotchevs völlig überraschende, noch immer im Dunkel der Vereinsgeschichte liegende Desertion in der Winterpause der Saison 2007/2008. Als er ging, standen wir – mit einer veranlagten Mannschaft, mithin alles anders als zufällig – auf einem direkten Aufstiegsplatz zur 2. Liga. In der Rückrunde ging es dahin. Ich bin nicht nachtragend, aber für diesen Verrat an Mannschaft und Fans soll der gute Pavel ewig in der Hölle schmoren.

6. Seit wann bloggst du und was war der Impuls, damit anzufangen?

Seit 2011. Vor allem weil ich die «Streitkultur» in den Vereinsforen leid war. Jedes diskursive Thema endete offenbar zwangsläufig mit persönlichen Schmähungen des Andersmeinenden. Einen Blog zu haben, ist ein wenig wie Hausbesitz. Es suggeriert das Vorhandensein von Selbstbestimmtheit. Es ist spießig und altmodisch, völlig klar.

7. Wie hat sich das Thema Fußball für dich durchs Bloggen und Twittern verändert?

Es hat meine Sicht auf den Fußball nicht grundlegend geändert, aber bereichert. Wenn man, zumindest früher, jede Woche einen recht umfangreichen Text über das zurückliegende Spiel schreibt, genügt es nicht wie ein Fan zu denken und zu schreiben. Das wäre langweilig und nach drei Wochen würde das niemand mehr lesen wollen. Ein Blog verlangt Substanz, wenigstens ab und an, weshalb ich mich u.a. recht intensiv mit Fußballtaktik befasst habe – ohne nur halbwegs so viel darüber zu wissen und nachzudenken wie beispielsweise die Jungs von Spielverlagerung. Der Ehrgeiz war aber schon, solide artikulieren zu können, was bei den Spielen von Rot-Weiß auf dem Platz passiert. Ob das gelungen ist, bleibt den Lesern überlassen.

8. Gegen die Derbyfizierung der Sprache: Gegen welchen Verein spielt ihr ein echtes Derby? Und bei welchen Begegnungen macht lediglich die Presse eines daraus?

Hier gibt es nur ein Derby, und das findet bei Spielen gegen Jena statt. Der Rest ist Bockmist. Medien versuchen, legitimerweise, möglichst jedes Spiel durch Emotionalisierung aufzuladen. Dann werden eben diese Neo-Derbys erfunden.

9. Welche drei Dinge würdest du gerne an deinem Verein verändern?

Ich würde gerne einen der nicht wenigen aus Erfurt kommenden Musiker davon überzeugen, dem Verein eine hörbare Vereinshymne zu spendieren. Quasi in den Schuhen des Herbert. Was da jetzt so vor dem Spiel erklingt, ist verstörend. Jedenfalls für mich.

Ich würde die neue Haupttribüne «Helmut-Nordhaus-Tribüne“ nennen. Nach dem vor zwei Jahre verstorbenen Kapitän der Meistermannschaft von 54 und 55.

Ich würde eine Fußballmeisterschaft der Erfurter Schulen ausloben. U17. Das Finale findet vor einem Punktspiel statt. Schlichtweg deshalb, weil ich von kompetitivem Schulsport viel halte und weil so der Rückhalt des Vereins in der Stadt verbessert werden könnte.

10. Welche Bedeutung hat Fußball für dich neben der sportlichen?

Jean-Philippe Toussaint sagt über sein Verhältnis zum Fußball: «Er beschenkt mich beim Zuschauen mit einer Art metaphysischen Wohlbefindens.»

Dem habe ich nichts hinzuzufügen.

11. Mit welchem ehemaligen Spieler deines Vereins würdest du gerne mal eine Partie kommentieren und warum?

Mit Clemens Fritz. Weil er jemand ist, von dem ich gesichert annehme, dass er Erhellendes über Fußball zu sagen weiß. Wegen ihm vor allem wünsche ich dem SV Werder den Ligaverbleib.

—–

Ich werfe das Stöckchen weiter zu Endreas Müller und Christoph Wagner, den Mitbegründern des großartigen Blogs 120Minuten. Sofern Ihr Lust habt, mitzumachen, würde ich gerne Folgendes von Euch wissen:

  1. Was führte dazu, dass Du mit dem Bloggen anfingst?
  2. Bundesliga auf Sky oder lieber das Kreisliga-Derby live vor der Haustür?
  3. Worauf könntest Du beim Stadionbesuch am ehesten verzichten?
  4. Was war Dein erster Fußball-Fanartikel?
  5. Wo stößt Du (außer in Blogs) auf lesenswerte Fußballtexte?
  6. Wer ist für Dich der wertvollste Spieler („MVP“) der aktuellen Bundesliga-Saison?
  7. Team Ronaldo oder Team Messi?
  8. Worüber wolltest Du schon immer mal einen Blogbeitrag verfassen?
  9. Gibt es außer Fußball noch (eine) weitere Sportart(en), die Du intensiver verfolgst und wenn ja, was ist da der besondere Reiz?
  10. Mit welchem Fußballer möchtest Du mal ein Interview führen?
  11. Jogi Löw ruft an und macht Dich für eine Partie zum Nationalspieler. Auf welcher Position würdest Du auflaufen?

(Und ja, guilty in allen Punkten der Anklage, ich habe die Fragen komplett vom FCMBlog geklaut. Sag mir bitte, was ich Dir dafür schulde, Alex!)

Hier die Regeln:

  • Danke der Person, die dich für den Liebster Award nominiert hat, und verlinke den Blog dieser Person in deinem Beitrag.
  • Beantworte die 11 Fragen, die Dir der Blogger, der Dich nominiert hat, stellt.
  • Stelle eine neue Liste mit 11 Fragen für deine nominierten Blogger zusammen.
  • Schreibe diese Regeln in deinen Artikel zum Liebster Award, damit die Nominierten wissen, was sie tun müssen.
  • Informiere Deine nominierten Blogger über die Nominierung und Deinen Artikel.

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