Wilfried Mohren – der Hegel des Thüringer Beckens

Er hat es wieder getan. Im Stillen hatte ich die Hoffnung, dass er sich in Zukunft auf seinen Job als Pressesprecher beschränken würde. Ich hätte es besser wissen müssen. Wer ihm schon mal persönlich begegnet ist, ahnt schnell, wie tief die Kränkung sein muss, die mit dem Verlust seiner Machtposition beim MDR und der Demütigung vorbestraft zu sein einhergeht. Da wird nichts unversucht gelassen, den Gegenüber von der eigenen Großartigkeit zu überzeugen. Schwadronieren inklusive.

Ich fand es gut, dass Rolf Rombach ihm die Chance als Pressesprecher beim RWE zu arbeiten bot. Und als Pressesprecher finde ich ihn nach wie vor respektabel, er kann eine Pressekonferenz souverän, witzig und verbindlich leiten. An diesem Teil seiner Arbeit habe ich nicht das Mindeste auszusetzen.

Wären da nicht diese Kolumnen, die unter dem Titel „Mohrens Einwurf“ sporadisch auf der Webseite des RWE publiziert werden. Über ihren Inhalt lässt sich streiten, aber das liegt ja im Wesen dieser journalistischen Form. Ich finde es nie besonders sinnvoll, das schlechte Spiel einer Mannschaft einzelnen Spielern anzulasten. Das ist mir zu simpel und zu populistisch. Aber geschenkt, weil Geschmackssache. Bemerkenswert ist „Mohrens Einwurf“ vor allem wegen des Stils. Um es deutlich zu sagen: verquaster kann man über Fußball kaum schreiben.

Hier ein paar Beispiele aus seinem neuesten Erguss: Mohren – Deutsch, Deutsch – Mohren.

Am Saum des gegnerischen Strafraums endete in allen Spielen unsere Kraft, verhauchte jede Idee zur Gänze. Die Quelle aller Bemühungen war praktisch schon versiegt, sobald die Kreidestreifen sichtbar wurden.

So klingt Mohrendeutsch, wenn das Angriffsspiel des RWE kritisiert wird.

Indizien einer höheren Qualität, die wir trotz der Niederlagen in Babelsberg und Stuttgart, oder auch daheim beim 0-0 gegen Osnabrück noch offenbarten, konnten sich in Aalen nicht einmal mehr ansatzweise kristallisieren.

Gemeint ist: die Leistungen der Mannschaft wurden von Spiel zu Spiel schlechter.

Ein Stürmer, quasi wie im fußballerischen Zölibat. Einer, der sogar den erbötigsten Möglichkeiten zu entsagen wußte.

Soll heißen: Marcel Reichwein trifft das Tor nicht (mehr).

Natürlich tat der Junge einem leid, wenn er nach der x-ten vergebenen Chance mit herabhängenden Schultern, fast wie eine der traurigen Figuren des Renaissance-Künstlers Sandro Botticelli wirkend, verloren dastand.

Vorgeblich ist hier ebenfalls Reichwein Subjekt des Satzes. Aber eigentlich will uns Wilfried Mohren aufs Neue mit seiner humanistischen Bildung beeindrucken.

Olivier (Caillas, Ergänzug des Autors), ein Darstellungsvirtuose, den es beständig drängt bis ins Kleinste und Feinste mimisch zu sein  und dem seine Vollkommenheit in diesem Laster inzwischen sogar eine Art zweifelhafte Duldung eingetragen hat, braucht aber den Freiraum, die ganze Linie abzustreifen.

Ich habe nicht die geringste Ahnung was Mohren damit sagen möchte. Soll bei „die ganze Linie abzustreifen“ etwa das Hoeneßsche Verdikt vom „verschnupften Herrn Daum“ subtil anklingen?

An guten Tagen, wenn er nicht wieder zu sehr von einem gelegentlich aufflammenden späten Knabentrotz bemächtigt wird, entströmt dabei oft sehenswerte Ballkunst seinen Beinen …

Mein Lieblingssatz! Wieder zu Caillas. Erinnert mich an Thomas Mann und seine homoerotische Pein, obwohl der Knabe in diesem Fall ein 33-Jähriger Profifußballer ist.

Wenn wir zunächst bei dem Geschehen auf dem Rasen bleiben, so haben mir die Tätlichkeiten von Joan Oumari und Domink Drexler, die dem Schiedsrichter entgangen sind, überhaupt nicht gefallen.  Einem am Boden liegenden Gegner auf den Unterschenkel zu steigen, oder ihm den Ellenbogen in das Gesicht zu rammen, ist absolut nicht akzeptierbar … Wer solche Rohheit auf dem Feld anbietet, muß sich nicht wundern, wenn auch auf den Rängen  die Hemmschwelle für anständiges Benehmen sinkt.

Damit wissen wir jetzt auch wer den Mob angestachelt und die Steigerwald-Riots zu verantworten hat. Im Ernst: Was glaubt Wilfried Mohren eigentlich, wie intakt bei dieser Vergangenheit seine Glaubwürdigkeit als moralisches Gewissen des Vereins ist?

Schlußendlich habe ich mir noch den Spaß gemacht, den Mohrenschen Text einer Stil-Analyse zu unterziehen, dafür bietet sich dieses Hilfsmittel der FAZ an. Ich hätte, ohne zu zögern, kleinere Beträge auf folgendes Resultat gesetzt: Wilfried Mohren schreibt wie Georg Wilhelm Friedrich Hegel. Dessen systematische Unverständlichkeit bereits Karl Popper filigran zerlegte und über den Richard David Precht meint: Er war ein lausiger Stilist.

3 comments

  1. Herrlichst! Das sind unbestrittene Fundstücke. Ich habe mich amüsiert. Und möchte mich nun wieder in Tod im Steigerwald vertiefen.

  2. A.N. sagt:

    Gibt man die ersten drei Absätze dieses Blogs bei besagter Stilmaschine ein, kommt als Antwort – oh Wunder, oh Wunder – … Johann Wolfgang von Goethe heraus.

  3. Ben sagt:

    starker Blog! Danke – genau meine Meinung

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