Archiv für November 27, 2013

Rot-Weiß Erfurt im November 2013: eine emotionale Achterbahnfahrt

NPRIch muss gestehen, dass ich das Blog betreffend momentan eine kleine Novemberdepression durchleide. Der mitteilbare Neuigkeitswert der letzten Spiele ist gering. Die Mannschaft macht einen gefestigten Eindruck, spielt einen Fußball, den sie beherrscht, und hat die letzten drei Partien ohne Gegentor gewonnen. Das ist fraglos großartig. Die Spiele ähneln einander: Man beginnt mit der klaren Vorgabe ein Gegentor zu vermeiden, defensive Kompaktheit dominiert die Taktik. Je nach Spielentwicklung und Gegner wird dann das Risiko überschaubar erhöht. Faszinierend, dass wir mit dieser Spielweise inzwischen die meisten Tore der Liga erzielt haben. Und ein Indiz dafür, dass Walter Kogler seiner Mannschaft inzwischen diesen Stil sehr gekonnt in die fußballerische DNA gemendelt hat. Allerdings bietet dies, man muss es ja eigentlich gar nicht betonen, keine Gewähr dafür, dass es mit dem Siegen so weiter geht. Siehe die Niederlagen im Oktober, bei denen die Mannschaft kaum schlechter Fußball spielte, allerdings nicht das nötige Spielglück auf ihrer Seite hatte.

Nachrichten aus der Hölle: die Verletzungen von Brandstetter und Möhwald

Kevin Möhwald musste im Spiel gegen Darmstadt nach 20 Minuten verletzt vom Platz. Das sah schon vor Ort übel aus, und leider haben sich die unguten Ahnungen bestätigt. Er wird in diesem Jahr dem Verein nicht mehr zur Verfügung stehen. Eine erhebliche Schwächung, denn auf der 6er-Position hat sich der Nachwuchsnationalspieler mit dynamischer Spielweise, uneitler Mannschaftsdienlichkeit und technischer Beschlagenheit unentbehrlich gemacht. Für das Spiel gegen Hansa steht vermutlich auch Pfingsten-Reddig nicht zur Verfügung (Virusbefall), sodass entweder Baumgarten mal wieder eine Startelf-Chance bekommt und neben Engelhardt aufläuft, oder, da die Sperre von Czichos abgelaufen ist, dieser in die Innenverteidigung rückt und Kleineheismann ins zentrale defensive Mittelfeld. Da mit Leonhard Haas der beste (und offensivstärkste) zentrale Mittelfeldspieler der Rostocker gegen RWE fehlen wird, könnte Kogler sich für die offensivere Variante mit Baumgarten entscheiden. Andererseits wäre die Doppelsechs mit Engelhardt und Kleineheismann vielleicht das entscheidende Quantum zu viel an defensiver Kompetenz für die ohnehin zu Hause bisher nicht sonderlich offensivstarken Hanseaten.

Fast noch dramatischer liest sich Brandstetters Prognose. Vor allem, weil sich der Eindruck orthopädischer Ratlosigkeit nachgerade aufdrängt. Zwei Operationen, dann Reha, Rückkehr ins Mannschaftstraining, erneute Schmerzen, jetzt wieder Physiotherapie. Keine halbwegs gesicherte Genesungsprognose in Sicht. Man kann Simon Brandstetter schlichtweg nur wünschen, dass sich alles noch zum Guten wendet und er möglichst bald wieder seinem Beruf nachzugehen in der Lage ist. Aus der egoistischen Sicht eines Anhänger des FC Rot-Weiß Erfurt heißt dies vor allem: Wir müssen auf unabsehbare Zeit auf unseren besten Stürmer verzichten. Es ist ohnehin ein kleiner Triumph, dass wir trotzdem die meisten Tore erzielt haben.

Was ist nur in dich gefahren, Nils?

Jeder der hier schon länger ab und an vorbeischaut wird wissen, wie sehr ich den Fußballer Nils Pfingsten-Reddig schätze. Ich halte mir auch zugute, ihn stets gegen – aus meiner Sicht – ungerechtfertigte oder überzogene Kritik verteidigt zu haben. An dem Menschen und Fußballprofi gab es ohnehin nichts auszusetzen. Bis jetzt. Ich kann nachvollziehen, dass es einen Profifußballer ins Mark trifft, wenn er seinen Platz in der Startelf verliert. Geht einem ja beruflich oder privat nicht anders. Was ich nicht ausstehen kann, sind egomane Kaspereien wie der Torjubel unseres Kapitäns nach seinem Elfmetertor am Freitag. Gepaart mit dem per Interview geäußerten Ultimatum an den Verein, ihn entweder spielen oder zur Winterpause gehen zu lassen. Wie Möhwalds Verletzung deutlich macht, benötigen wir auf jeden Fall mehr als zwei überdurchschnittliche Spieler im zentralen Mittelfeld. Sportlich wäre es daher eine grandiose Schwächung, wenn man Pfingsten-Reddig ziehen lassen würde. Es sollte aber sichergestellt sein, dass solche öffentlichen Trotzposen ebenso unterbleiben wie auflagenstark lancierte Unverschämtheiten gegenüber dem eigenen Arbeitgeber. Wenn er das weiter so treibt, soll man ihn gehen lassen. Die ansonsten zu befürchtende permanente Unruhe braucht kein Mensch.

Finanzielle Hiobsbotschaft steht zu erwarten

In einem Artikel der Thüringischen Landeszeitung werden Äußerungen von RWE-Präsident Rolf Rombach zur wirtschaftlichen Situation des Vereins wie folgt wiedergegeben: «Als ‚desaströs‘ beschreibt er die vergangene Saison, ohne im Vorfeld schon Einzelheiten nennen zu wollen.» Gemeint ist das Vorfeld der Mitgliederversammlung, die in der nächsten Woche stattfindet. Nun, wir alle wussten bereits, dass RWE sexy aber bettelarm ist. Diese Äußerung von Rombach hört sich allerdings nach Intensivstation an. Aber gut, ich will mich dem Vorbild unseres Präsidenten anschließen und «im Vorfeld» keine weiteren Spekulationen anstellen. Es soll allerdings schon Onkologen gegeben haben, die an Krebs starben. Hoffen wir einfach mal, dass Rot-Weiß Erfurt nicht der erste Verein im deutschen Profifußball sein wird, der vom hauseigenen Insolvenzverwalter in die Insolvenz geführt wird. Ehrlich gesagt mag ich daran nicht wirklich glauben. Es stünde für die berufliche Reputation Rolf Rombachs zu viel auf dem Spiel. Dennoch ist zu befürchten, dass für eventuell notwendige personelle Nachrüstungen in der Winterpause (siehe oben) kein Geld zur Verfügung steht. Beim tabellarischen Stand der Dinge wäre das keine Katastrophe. Womöglich aber eine vertane Chance. Und die sind im Fußball so launisch wie rar. Jedenfalls für einen Klub wie den unseren.

Ich bin der Hans Leyendecker des Thüringer Beckens

Da hat es in der Pressestelle des RWE wohl etwas Zeitmangel bei der Erstellung des Vorberichtes zum Spiel gegen Darmstadt gegeben. Wie ich darauf komme?

Deshalb:

Frankfurter Rundschau, 08. November: „… hat es Schuster geschafft, aus einem scheinbar leblosen und dem Abstieg entgegen taumelden Häuflein, eine vor Selbstvertrauen nur so strotzende Truppe zu formen … In 32 Ligaspielen seit seinem Amtsantritt holte Schuster mit den Lilien stattliche 47 Punkte. Lediglich Heidenheim, Osnabrück und Wehen Wiesbaden bringen es in der dritten Liga im aktuellen Kalenderjahr auf ein besseres Ergebnis.“ Hier der vollständige Artikel.

RWE-Homepage, 21. November „… hat es Gästetrainer Dirk Schuster geschafft, aus einer scheinbar leblosen und dem Abstieg entgegen taumelnden Mannschaft, eine vor Selbstvertrauen nur so strotzende Truppe zu formen. In 32 Ligaspielen seit seinem Amtsantritt sammelte Schuster mit den Lilien stattliche 47 Punkte ein. Lediglich Heidenheim, Osnabrück und Wehen Wiesbaden bringen es in der dritten Liga im aktuellen Kalenderjahr auf einen besseren Wert.“ Hier der vollständige Artikel.

Pulitzer-Preis, Du gehörst mir!

Dortmund II vs. Rot-Weiß Erfurt 0:3 / Göbel&Co rocken den BVB

RWE - YoungstersDer Ballspielverein Borussia Dortmund e.V. eignet eine ruhmreiche Vergangenheit, durchlebt eine in jeder Hinsicht erfolgreiche Gegenwart und darf – nach allem was man weiß – einer ebensolchen Zukunft entgegen sehen. Über was er allerdings nicht verfügt, ist ein vernünftiger Rasen für die Austragung der Heimspiele seiner Drittligamannschaft. Aber wir wollen die Erregung darüber gar nicht allzu hoch dimmen, denn vermutlich hat von diesen miserablen Platzverhältnissen der samstägliche Gegner des BVB, der FC Rot-Weiß Erfurt, durchaus profitiert. Eine Art höhere Fußball-Ironie. Quittieren wir gerne und mit einem milden Lächeln.

Der BVB begann stark, wurde dem Ruf der Zweitvertretungen gerecht, spielte technisch beschlagenen Fußball, spielte über die Flügel, kam zu einigen Halbchancen und dachte wohl, dies genüge zunächst als Arbeitsnachweis. Errare humanum est, würden die alten Römer und Wilfried Mohren sagen. Nach etwa zehn gespielten Minuten übernahm Erfurt die Hoheit und gab die Spielkonsole bis zum Abpfiff nicht mehr her. Am Ende stand ein ungefährdeter, kühl, kontrolliert und zu Teilen sogar ansehnlich herausgespielter Erfolg für die rot-weißen Farben. Punkt. (Oder richtiger: drei davon.) Ja, Marvin Ducksch war nicht dabei, seines Zeichens der teuerste Spieler der 3. Liga. Er sollte mit den Profis in Wolfsburg siegen, was – wie man inzwischen weiß – auch so ein BVB-Plan war, der in dieser Woche nicht wirklich aufging.

Dortmund versuchte es fortan fast nur noch mit hohen Zuspielen auf den Sturmhirten Balint Bajner, der jedoch bei Laurito und Engelhardt in besten Händen war und deshalb gar nichts ausrichten konnte. Nach der Führung durch Wiegel (Assist: Pfingsten-Reddig) gewann Erfurt Selbstvertrauen und Sicherheit und verwaltete den Vorsprung, ohne dass der geneigte Zuschauer oder -hörer jede Minute einen kleinen Herzkasper erlitt, wie das noch eine Woche zuvor gegen Chemnitz der Fall war, als RWE-Verteidiger vier Mal auf der Linie klären mussten. Dann kam Patrick Göbel und machte den Sack zu. Er schoss das zweite Tor selbst und spielte einen wunderbaren Pass in die Schnittstelle der Dortmunder Abwehrkette, den Nietfeld quer legte und damit Mijo Tunjic ein Angebot unterbreitete, das dieser nicht ablehnen konnte.

Es gibt Stimmen, die behaupten, dass Marco Engelhardt, als Innenverteidiger für den gesperrten Kleineheismann aufgeboten, sein bestes Spiel für RWE machte, seitdem er wieder am Steigerwald die Töppen schnürt. Ob das zutrifft, kann ich nicht beurteilen. Was ich glaube beurteilen zu können, ist der Umstand, dass spielerisch sehr starke Innenverteidiger dem Aufbauspiel jeder Fußballmannschaft gut tun, natürlich auch dem von RWE. Womit ich keinesfalls sagen möchte, dass Kleineheismann Schwächen in dieser Disziplin hat – eher ist das Gegenteil der Fall. Aber Engelhardt ist in dieser Hinsicht natürlich noch mal eine andere Nummer. Mit Pfingsten-Reddig und Möhwald im zentralen Mittelfeld hat Erfurt alle drei Spiele gewonnen, eine durchaus bemerkenswerte Statistik. Das ist jetzt kein Plädoyer, diese Konstellation gegen Dortmund in jedem weiteren Spiel aufs Neue zu erproben. Es soll nur zeigen, dass Kogler eine Situation zu nutzen weiß, die er selbst mitgeschaffen hat: Obwohl Kleineheismann, Czichos und Möckel nicht aufgeboten werden können (mithin drei der vier Spieler die bisher in der IV standen), ist er in der Lage mit Engelhardt einen weiteren Akteur in die Startelf zu stellen, der ohne jeden Substanzverlust diese Position zu spielen weiß. Und auf dessen eigentlicher Planstelle im zentralen Mittelfeld agiert dann mit Pfingsten und Möhwald ein äußerst spielstarkes Duo. Diese Variabilität ist über das Resultat vom Samstag hinaus eine äußerst erfreuliche Botschaft für jeden Anhänger der Rot-Weißen.

Patrick Göbel. Ich muss gestehen, ich hatte meine Zweifel, ob sich der kleine offensive Mittelfeldspieler mit dem sensationellen rechten Fuß bei den Profis würde durchsetzen können. Aber gerade bei ihm macht sich eine weitere Personalentscheidung der sportlichen Leitung peu à peu bezahlt. Es ist sicherlich für die jungen Spieler von großem Wert, dass mit Christian Preußer ein Ko-Trainer installiert wurde, der sie seit Jahren kennt und der sich im Umgang mit ihnen stets für Vertrauen und Geduld ausspricht. Das zahlen Klewin, Möhwald, Nietfeld, Göbel, Baumgarten und Stolze jetzt mit harter Währung in Form von guten Leistungen zurück.

Man kann überhaupt nicht genug würdigen, wie großartig das ist.

Rot-Weiß Erfurt vs. Chemnitzer FC 1:0 / Keine Krise. Nirgends.

2013_09_28_[H]_Erfurt_3-1_OsnabrückJetzt ist sogar ein leibhaftiger Tatort-Kriminaloberkommissar Anhänger des FC Rot-Weiß Erfurt. Ich alpträume bereits davon, ihn eines unschuldigen Sonntagabends in der Bettwäsche meines Herzensvereins beim Fuck & Go (Tatortjungdeutsch) abgelichtet zu sehen. Den Drehbuchautoren sei überdies, aus Gründen der Glaubwürdigkeit, bei der Entwicklung dieses Charakters dringend geraten, von einer nebenberuflichen Karriere nämlichen Kommissars in der Erfurter Lokalpolitik abzusehen. Kein Fan von RWE hatte dort jemals eine Chance.

Über das Spiel gegen Chemnitz ist bereits viel geschrieben worden. Die Sichtweise auf Resultat und Spielgeschehen darf man durchaus disparat nennen. War der Sieg jetzt glücklich oder doch verdient? Nun, da für beide Zuschreibungen keine objektiven Maßstäbe existieren, liegt das letztendlich stets im Auge des Betrachters. Man vergeht sich auch nicht an den Grundsätzen der Logik, wenn man beides gleichberechtigt nebeneinander gelten lässt. So oder so, der anschwellende Bockgesang von einer Erfurter Krise ist vom Tisch. Die Mannschaft hat ihn mit einer konzentrierten, einsatzstarken und (defensiv) fehlerarmen Performance verstummen lassen. Vorläufig.

Nach dem frühen Führungstor von RWE war Chemnitz bis zum Abpfiff die eindeutig spielbestimmende Mannschaft. Vier Mal musste ein Erfurter Verteidiger den Ball von der Linie bugsieren, da kann man das Adjektiv glücklich durchaus bemühen, ohne völlig daneben zu liegen. Es sei daran erinnert, dass der CFC vor der Saison – neben Heidenheim – als erster Aspirant für den direkten Aufstieg in die 2. Liga galt. Am Samstag konnte jeder der wollte sehen, dass die Mannschaft tatsächlich nicht von Vollblinden mit Vollblinden bestückt wurde. Fußballerisch gehören die Sachsen zweifellos zu den besten Teams der Liga. Trotzdem resultierten die Chancen zum überwiegenden Teil aus Standardsituationen. Die wurden mehrheitlich von Ronny Garbuschewski getreten, dem ich in dieser fußballerischen Teil-Disziplin Bundesliganiveau attestieren würde.

Ich komme jetzt zu den Argumenten, die ins Feld führen kann, wer den Sieg der Erfurter nicht in erster Linie als glücklich bezeichnen möchte. Wie unter Gerd Schädlich war die Spielanlage des CFC sehr auf die Außenpositionen hin angelegt. Kein Wunder, sie verfügen dort mit Pfeffer und Garbuschewski über begabte Individualisten. Nach anfänglichen Unsicherheiten stellten sich die Erfurter Außenverteidiger im Verbund mit den offensiven Außenbahnspielern und dem jeweils ballnahen Innenverteidiger gut auf dieses Mittel der Wahl des CFC ein. Mit einem Wort: es wurde kollektiv gut verschoben und gegen den Ball gearbeitet. Chemnitz fand auf den Flügeln nur selten frei bespielbare Räume. Sie waren stark bei Standards, blieben auf diese allerdings auch angewiesen, um überhaupt torgefährlich zu werden. Die beiden zentralen Stürmer der Chemnitzer hatten gegen Laurito und Kleineheismann in der Regel das Nachsehen.

Ein Wort zur zweifellos starken Leistung von Andre Laurito, der noch in der Vorwoche das Epizentrum des Unmuts vieler Erfurter Anhänger war. Hierzu sollte man sich zunächst einmal die Stärken und Schwächen Lauritos vor Augen führen. Zu seinen Stärken zählen das Spiel mit dem Kopf, robuste Physis, ein sicheres Stellungsspiel, große Ruhe am Ball und eine solide Technik. Diese Vorzüge konnte er am Samstag allesamt über die gesamte Spieldauer hinweg einbringen. Rot-Weiß stand fast durchweg relativ tief und es bestand selten die Gefahr, dass Andre Lauritos größtes Manko, nämlich Schnelligkeitsdefizite gegen antrittsstarke, agile Stürmer, offenbar wurde. Es hängt meist nicht vom Willen und der Motivation der Spieler ab, ob sie ein gutes oder schlechtes Spiel abliefern, sondern ob sie mehrheitlich in Spielsituationen geraten, die ihre Stärken oder eben Schwächen hervorheben.

Diesen etwas umständlichen Satz habe ich mir deshalb zurechtgelegt, weil er gleichsam für Tunjic und Nietfeld gilt, die beiden Stürmer in der Anfangself von RWE. Beide sind, wie letztens bereits vermerkt, ähnliche Stürmertypen: groß, physisch durchsetzungsfähig, laufstark. Filigrantechniker sind sie nicht. Mir hat bei ihrem Zusammenspiel am Samstag sowohl die Breite als auch die Tiefe gefehlt. Soll heißen: sie standen zu nah beieinander, wo es besser gewesen wäre, dass sich einer als Anspielstation ins offensive Mittelfeld oder in die flügelnahen Halbräume bewegt. Wobei das nicht wirklich ihr Spiel ist, was aber nichts daran ändert, dass es notwendig gewesen wäre. Um mal wieder einen dieser coolen neuen Fußball-Termini zu benutzen: dem Angriffsspiel des RWE mangelte es an Fluidität. So wurde die Chemnitzer Abwehr ihrerseits nur sehr selten auseinandergezogen. Die langen angriffseinleitenden Bälle von RWE konnten die Verteidiger leicht neutralisieren. Der Erfurter Zielspieler im Angriff war meist die ärmste Sau auf dem Feld, weil er einen schwierig zu verarbeitenden Ball gegen eine Überzahl von Gegnern behaupten musste, was dann auch selten gelang. Dieses Problem des RWE-Offensivspiels ist nicht wirklich neu und es wird Zeit Folgendes zu konstatieren: alle bisherigen Versuche, unter formaler Beibehaltung des 4-4-2, Simon Brandstetter halbwegs adäquat zu ersetzen, müssen als mehr oder weniger gescheitert angesehen werden.

Weshalb ich für eine Änderung des Systems hin zu einem 4-2-3-1 plädiere – bis Brandstetter wieder einsatzfähig ist. Wenn es gut funktioniert auch darüber hinaus. Warum? Engelhardt und Pfingsten-Reddig haben am Samstag defensiv ein sehr gutes Spiel gemacht. Sie waren mit Abwehraufgaben allerdings weitgehend ausgelastet, dahinter musste zwangsläufig der Spielaufbau zurückstehen. In Folge davon (und weil Chemnitz früh ins Pressing ging) mussten die Stürmer meist über lange Bälle ins Spiel einbezogen werden, was meist schnell den direkten Ballverlust zur Folge hatte. Ich verspreche mir von der Implementierung eines offensiven Mittelfeldspielers schlichtweg mehr spielerische Impulse und eine höhere Passqualität. Und ich kann auch mit einem personellen Vorschlag aufwarten: Patrick Göbel hat nach meinem Dafürhalten in dieser Saison eine sehr erfreuliche Entwicklung genommen und nach seiner Einwechslung am Samstag einen quirligen, ballsicheren, laufstarken sowie selbstbewussten Eindruck hinterlassen. Er wäre der RWE-Spieler meiner Wahl für diese zentrale, offensive Aufgabe. Ganz sicher kein Zehner klassischer Prägung wie Netzer, Overath oder Riquelme, aber für die moderne Interpretation dieser Position verfügt er über alle nötigen Talente.

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