Ich bin kein Masochist. Weshalb sich übers Wochenende alles in mir wehrte, das Spiel noch einmal anzusehen. Deshalb werde ich mit einer profunden, tiefschürfenden taktischen Analyse (selbst einer zweifelhaften) nicht dienen können. Das Spiel begann wie viele Heimspiele von RWE in dieser Saison: abwartendes Mittelfeldgeplänkel beider Seiten. Dann wurde Koglers Mannschaft konstruktiver, die Kombinationen gewannen (etwas) an Sicherheit, erste Chancen waren zu verzeichnen. Doch im Gegensatz zu vielen anderen Heimspielgegnern zeigten sich die Wiesbadener unbeeindruckt. Hochsolide in der Innenverteidigung, aggressiv in den Zweikämpfen und stets latent gefährlich, vor allem über den starken Schnellbacher, deuteten sie bereits zu diesem Zeitpunkt an, dass es diesmal anders laufen könnte.
Dann kam das berühmte Spielglück hinzu. Zunächst in Form von zwei Schiedsrichterentscheidungen, die auch anders hätten ausfallen können. Zuerst der Freistoßpfiff gegen und nicht für Möhwald und dann – in unmittelbarer Folge – ein Elfmeter, den man sicher geben kann, aber eben nicht geben muss. Wobei der Ball gefühlte Ewigkeiten unterwegs ist und Schnellbacher von drei Erfurter Abwehrspielern umstellt ist, was jeden Körperkontakt obsolet machen sollte. Aber Christoph Menz weiß das alles selbst und hat es nach dem Spiel auch so zu Protokoll gegeben. Shit happens. Danach begann die beste Phase des Erfurter Spiels. Dumm nur, dass ausgerechnet in diesen Abschnitt hinein das zweite, letztlich entscheidende, Tor der Wiesbadener fiel.
Trotz der beiden Gegentore war die erste Halbzeit nicht das Problem. Da befand man sich noch halbwegs auf Augenhöhe (auch wenn das Resultat etwas anderes sagt), hatte Chancen und ein Tor lag immer im Bereich des Möglichen. Das änderte sich in Halbzeit zwei grundlegend. Niemand konnte der Mannschaft den Willen absprechen, das Spiel zumindest noch auszugleichen. Allein, es fehlten die fußballerischen Mittel. Auf alle Versuche hatte der SVWW eine Antwort. Je länger die Partie dauerte, desto mehr erinnerten die Ballbewegungen in der Offensive von RWE an die hektischen Impulse einer Kugel in einem Flipperautomaten. Balleroberungen folgten Fehlabspielen in rasantem Wechsel. Die Mannschaft hatte Probleme überhaupt in die Nähe des Wiesbadener Tors zu gelangen.
So war es letztlich nicht die Niederlage an sich, sondern vor allem die Art und Weise des Zustandekommens, die so einige Träume am Steigerwald der normativen Kraft des Faktischen aussetzten. Kiel war eben kein einmaliger Ausrutscher. Wenn es nicht gelingt, die Mannschaft fußballerisch und mental zu stabilisieren, werden wir auch in dieser Saison nichts mit dem Aufstieg zu tun haben.
Last but not least: die Spielzusammenfassung des Wiesbadener Stehblog.