Hitzfeld meint er sei falsch beraten, Völler ist wieder mal außer sich, Bild zündelt gekonnt und SPON findet, dass es eh wurscht ist.
Ich denke, dass wir Philipp Lahm luzide Einblicke in die Welt unseres Lieblingssports verdanken werden. Jedenfalls lassen das, die soeben vorab publizierten „Stellen“ erhoffen. Wohlgemerkt, Rudi Völler mag ich richtig gut leiden, Felix Magaths Erfolge respektiere ich einfach und Jürgen Klinsmann hat den DFB gerockt – zum beiderseitigen Vorteil. Louis van Gaal ist ein selbstgerechter und beratungsresitenter Egomane, klar, das konnte man allerdings auch vor seiner Verpflichtung wissen. Aber auch ein Könner vor dem Herrn – oder wie anders lässt sich erklären, dass es ihm gelang, den Bayern innerhalb von 6 Monaten eine sehr erfolgreiche Variante seiner Fußballschule anzutrainieren.
Philipp Lahm beschreibt und kritisiert die Zusammenarbeit mit diesen Trainern. Und Rudi Völler tut so, als hätte er damit die Omerta verletzt: das tut man nicht, lautet der Imperativ der Zunft. Warum eigentlich nicht? Wir alle haben uns gefragt, warum die DFB-Auswahl bei der letzten EM so grottig kickte. Dafür liefert Lahm eine brauchbare Antwort: die Mannschaft war heillos zerstritten. Ich spekuliere jetzt mal und behaupte, dass genau darin auch der Grund zu finden ist, warum Jogi Löw in den Fällen Frings und Ballack derart hartleibig agierte.
Felix Magath ist der Chuck Norris des deutschen Fußballs. So lesen sich die bisher bekannten Auszüge über Deutschlands erfolgreichsten Trainer. Was Lahm hier beschreibt ist nicht wirklich ehrenrührig für Magath. Er hat aus seiner Einstellung zu heutigen Profifußballern nie einen Hehl gemacht: man muss sie nicht mögen, ja nicht einmal respektieren, um mit ihnen Erfolg zu haben. Das sich Magaths Methoden verschleißen, legt schon ein Blick auf seinen beruflichen Werdegang als Trainer nahe. So what?
Na ja, etwas erstaunlicher ist dann doch die Sache mit Klinsmann. Doch nur ein dauerlächelnder kalifornischer Fitness-Guru, ohne rechte Kenntnisse der komplexen Zusammenhänge des heutigen Fußballs? Aber auch das, seien wir ehrlich, haben wir immer schon ein bißchen vermutet. Nur Motivation allein, langt halt nicht.
Wir leben in einer offenen Gesellschaft, jedenfalls proklamieren wir das gerne. Es ist nicht so recht einsehbar, warum der Fußball davon suspendiert sein sollte und – hier durch Völler und Hitzfeld, andere werden folgen – ein Fußballer dafür kritisiert wird, dass er tut, was in anderen Bereichen der Gesellschaft stets und ständig eingefordert wird. Es ist auch nicht so, dass die Debatte nur einen reinen Unterhaltungswert aufweist, das auch, natürlich. Aber Lahms Äußerungen sind durchaus geeignet, Aufklärung über die Binnenverhältnisse moderner Profiteams zu geben. Jenseits der notorischen Wir-Haben-Uns-Alle-Lieb-Statements.
Deshalb: well done, Philipp!
Dass Klinsmann wenig Wert auf Taktik legte, war auch unlängs bekannt. Raphael Honigstein analysierte das trefflich, als Klinsi US-Trainer wurde: http://sportsillustrated.cnn.com/2011/writers/raphael_honigstein/07/30/klinsmann/index.html
Deshalb meine Einschätzung: All das, was Lahm jetzt über seine ehemaligen Trainer schreibt, ist bereits hinlänglich bekannt.