Wacker Gotha – RWE 1:3 / Gezittert nur der Kälte wegen

Habichhorst macht den Zidane. Nur schlimmer. / Foto: © mdr

Rudi Zedi hat sich am Samstag um meine körperliche Unversehrtheit verdient gemacht. Sein Tor in der 86. Minute bewahrte meine Füße vor der Amputation und den RWE vor einer Verlängerung. Während meine Schuhwahl leichtsinnig war, konnte man dies von Auf- und Einstellung des RWE nicht behaupten.

Dennoch galt im Gothaer Volksparkstadion der Satz Johann Cruyffs: Die können gegen uns nicht gewinnen, aber wir können gegen sie verlieren. Deshalb mied Stefan Emmerling jedes Risiko und bot seine erste Elf auf (mit Ausnahme Zedis, der sich unter der Woche einer Zahn-OP unterziehen musste und zunächst auf der Bank saß). Das gab Emmerling die Chance für ein personelles Experiment: Rauw spielte an der Seite von Pfingsten-Reddig im defensiven Mittelfeld, dafür kam Ofosu-Ayeh auf der rechten Seite der Viererkette zum Einsatz. So könnte es auch in Unterhaching aussehen, nur dass dort Pfingsten-Reddig fehlen wird. Ich will mich nicht des unentwegten Rauw-Bashings schuldig machen, aber soviel sei erlaubt: er konnte Zedi nicht adäquat ersetzen. Ich habe meine Zweifel, ob der Belgier für diese Position schnell genug ist, seine Formkurve in den letzten Wochen zeigt ebenfalls nach Süden. Nachdem was ich in Gotha gesehen habe, wäre ich eher für einen Einsatz von Humbert. Oder – allerdings sehr unwahrscheinlich – Maik Baumgarten bekommt eine Chance. Selbstvertrauen sollte er nach den letzten Erfolgen der A-Junioren ausreichend haben. Und seien wir ehrlich: viel verlieren können wir in Unterhaching nicht.

Noch größere Sorgen bereitet mir die rechte Abwehrseite. Man kann nicht mal behaupten, dass Ofosu-Ayeh schlecht gespielt hat. Er hat keinen großen Fehler gemacht, was allerdings gegen die harmlosen Wacker-Amateure kein besonderes Verdienst war. Sein Hauptproblem heißt: Hektik. In die verfällt er allzu häufig, wenn es eng und schnell wird. Im Gegensatz zum Samstag, sind derartige Spielsituationen in der 3.Liga aber die Regel. Derzeit nur bedingt drittligareif.

Es mag jetzt überraschen, aber abgesehen von diesen Beobachtungen, hatte ich am Auftritt des RWE nicht so viel auszusetzen. Die Konstellation ist ja geläufig: ein bis in die Haarverlängerungen hinein motivierter Außenseiter, trifft auf ein höherklassiges Team, das wenig gewinnen, jedoch alles verlieren kann. So sah das dann auch aus, wobei ich nicht eine Sekunde lang zweifelte, wer den Platz als Sieger verlassen wird. Gezittert habe ich nur wegen der Kälte. Der RWE war in allen Belangen überlegen: technisch, taktisch, läuferisch. Woran es mangelte war die letzte Entschlossenheit und Konzentration, um aus dieser Überlegenheit Zählbares zu machen. Bis dann Rudi Zedi, Mister Entschlossenheit himself, seinen Mitspielern in dieser Königsdisziplin des Fußballs eine Lektion erteilte. Wobei es zweifellos kein Nachteil war, dass Wacker zu diesem Zeitpunkt nur noch mit neun Spielern auf dem Platz stand.

Dabei könnte man es belassen, wäre da nicht diese unglaubliche Szene, in der der Gothaer Spieler Michael Habichhorst dem Schiedsrichter in Martial-Arts-Manier seinen Kopf gegen den Brustkorb rammt. Im höherklassigen deutschen Fußball (Definition von höherklassig: das Spiel wurde im Fernsehen gezeigt) ist mir eine ähnliche Szene nicht geläufig. Der Thüringer Fußballverband steht jetzt vor der Aufgabe, dafür eine angemessene Bestrafung auszusprechen. Ich kenne Michael Habichhorst nicht persönlich, und nehme jetzt einfach mal zu seinem Gunsten an, dass er in seinem bisherigen Leben als Fußballer ein tadelloser Sportsmann war. Trotzdem: wie man hier und hier und hier nachlesen kann, nehmen körperliche Angriffe auf Schiedsrichter inzwischen dramatische Ausmaße an. Das rührt an die Grundlagen des Spiels und dies wissen auch die Offiziellen des Verbandes. Michael Habichhorst wird wohl vergebens auf ein gnädiges Urteil hoffen. Für die Bewertung dieser Tätlichkeit spielt es keine Rolle, deshalb sei es nur der Vollständigkeit halber erwähnt: der Schiedsrichter lag bei allen Entscheidungen richtig.

Im RWE-Forum hat jemand Stefan Emmerling aufgefordert, die Mannschaft nach der gestrigen Leistung einem Straftraining zu unterziehen. Ich möchte gar nicht wissen, was derjenige gefordert hätte, wenn das Spiel verloren gegangen wäre. Wie gut, dass unser Trainer – in dem das Auftreten seiner Mannschaft gewiss keinen Endorphinschub auslöste – derartigem populistischen Blödsinn nicht zuneigt.

Am nächsten Wochenende geht es nach Unterhaching und ich hätte nichts dagegen, wenn ich – gegen jede statistische Wahrscheinlichkeit – mal über einen Sieg bei den Oberbayern schreiben könnte.

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