RWE vs. Darmstadt 98 2:0 – Glück, einige Lichtblicke und viel Dresche

Das Spiel hätte nach einer halben Stunde für Darmstadt entschieden sein können, doch zwei Großchancen blieben ebenso ungenutzt, wie die Tätlichkeiten von Oumari und Drexler ungeahndet. Unser Vertrag mit Fortuna scheint zwar nur für Heimspiele zu gelten, da aber ist’s ein festes Bündnis. Nach 30 Minuten wurde es besser, ohne jemals richtig gut zu werden.

Aber es gab Lichtblicke: bei Morabit scheint die mannschaftsinterne Aussprache tatsächlich Positives bewirkt zu haben. Ich stelle mir vor, dass Rudi Zedi ihm wohl eindringlich geraten hat: Junge, mach erstmal die einfachen Dinge richtig. Jedenfalls war es genau das, was man im Spiel sehen konnte – keine Hackenpässe zur Unzeit, keine riskant-schlampigen Zuspiele in der Vorwärtsbewegung, sondern eine konzentrierte, effiziente Vorstellung, die nicht zufällig in der Vorarbeit zum zweiten Tor gipfelte. Die andere Verbesserung betraf die Standards. Im Grunde wurden durch sie das Spiel „gedreht“. Erst ein Freistoß von Caillas auf Reichwein; dessen Kopfball bot die erste Chance für den RWE. Dann die Ecke zum ersten Tor – wiederum Caillas, diesmal auf Zedi, Zimmermann kann nur nach vorn abwehren und Reichwein brachialt den Ball rein.

Mann des Spiels, da kann es keine zwei Meinungen geben: Olivier Caillas, ein Tor vorbereitet, das entscheidende zweite selbst erzielt. Coole Leistung des Franzosen.

Tja, dann waren da noch die Steigerwald-Riots während und nach dem Spiel. Der RWE hat dazu alles Notwendige mitgeteilt. In den Ultra-Foren ist die gleiche Scheiße wie immer zu lesen: die Polizei hat schuld. Und weil sie sich so schuldig fühlten, haben sich auch gleich 30 Beamte ihre Verletzungen selbst zugefügt. Es ist erbärmlich.

Palaver beim RWE & Kammlott außen vor

Sie haben geredet. Im Mannschaftskreis, ohne Trainer. Danach ging es ganz, ganz locker zu im Training. Wenn ich die Kulturgeschichte solcher Aussprachen halbwegs korrekt memoriere, dann läßt dies für das morgige Spiel gegen Darmstadt nichts Gutes ahnen. Auch die Tatsache der Veröffentlichung gibt dem Ganzen ein wenig den Anstrich frühsaisonaler Verzweiflung. Ich kann mich irren, ich möchte mich irren, allein: mir fehlt der Glaube.

Was uns momentan wirklich helfen würde: eine Rückkehr Carsten Kammlotts nach Hause ins Steigerwaldstadion (Steigerwaldstadion werde ich in diesem Blog zukünftig ganz häufig schreiben, jedenfalls so lange es noch geht und dieser Flecken Erde – getränkt mit Myriaden Litern meines Herzbluts – noch so heißt und eben nicht Glückskeks-Arena oder wie auch immer). Kammlott – ich schlage Dietrich Mateschitz folgenden Deal vor: er leiht uns den deprimierten Bankdrücker zurück. Das nennt man wohl ein Leaseback. Die Leihgebühr wird nach der Saison mit der Steigerung des Marktwertes verrechnet (der in Kammlotts Zeit bei RB um 200.000 EUR gefallen ist/Quelle: transfermarkt.de). Das sollte nach den 20 Toren mit denen er uns dann in die zweite Liga geschossen hat eigentlich kein Problem sein. Nächste Saison bekommen sie ihn mit viel Selbstvertrauen zurück und er kann unter José Mourinho den Aufstieg von RB in die 3.Liga aufs Neue angehen.

Hört sich plausibel an für meine Ohren: Herr Rombach übernehmen Sie!

Danke, Philipp!

Hitzfeld meint er sei falsch beraten, Völler ist wieder mal außer sich, Bild zündelt gekonnt und SPON findet, dass es eh wurscht ist.

Ich denke, dass wir Philipp Lahm luzide Einblicke in die Welt unseres Lieblingssports verdanken werden. Jedenfalls lassen das, die soeben vorab publizierten „Stellen“ erhoffen. Wohlgemerkt, Rudi Völler mag ich richtig gut leiden, Felix Magaths Erfolge respektiere ich einfach und Jürgen Klinsmann hat den DFB gerockt – zum beiderseitigen Vorteil. Louis van Gaal ist ein selbstgerechter und beratungsresitenter Egomane, klar,  das konnte man allerdings auch vor seiner Verpflichtung wissen. Aber auch ein Könner vor dem Herrn – oder wie anders lässt sich erklären, dass es ihm gelang, den Bayern innerhalb von 6 Monaten eine sehr erfolgreiche Variante seiner Fußballschule anzutrainieren.

Philipp Lahm beschreibt und kritisiert die Zusammenarbeit mit diesen Trainern. Und Rudi Völler tut so, als hätte er damit die Omerta verletzt: das tut man nicht, lautet der Imperativ der Zunft. Warum eigentlich nicht? Wir alle haben uns gefragt, warum die DFB-Auswahl bei der letzten EM so grottig kickte. Dafür liefert Lahm eine brauchbare Antwort: die Mannschaft war heillos zerstritten. Ich spekuliere jetzt mal und behaupte, dass genau darin auch der Grund zu finden ist, warum Jogi Löw in den Fällen Frings und Ballack derart hartleibig agierte.

Felix Magath ist der Chuck Norris des deutschen Fußballs. So lesen sich die bisher bekannten Auszüge über Deutschlands erfolgreichsten Trainer. Was Lahm hier beschreibt ist nicht wirklich ehrenrührig für Magath. Er hat aus seiner Einstellung zu heutigen Profifußballern nie einen Hehl gemacht: man muss sie nicht mögen, ja nicht einmal respektieren, um mit ihnen Erfolg zu haben. Das sich Magaths Methoden verschleißen, legt schon ein Blick auf seinen beruflichen Werdegang als Trainer nahe. So what?

Na ja, etwas erstaunlicher ist dann doch die Sache mit Klinsmann. Doch nur ein dauerlächelnder kalifornischer Fitness-Guru, ohne rechte Kenntnisse der komplexen Zusammenhänge des heutigen Fußballs? Aber auch das, seien wir ehrlich, haben wir immer schon ein bißchen vermutet. Nur Motivation allein, langt halt nicht.

Wir leben in einer offenen Gesellschaft, jedenfalls proklamieren wir das gerne. Es ist nicht so recht einsehbar, warum der Fußball davon suspendiert sein sollte und – hier durch Völler und Hitzfeld, andere werden folgen – ein Fußballer dafür kritisiert wird, dass er tut, was in anderen Bereichen der Gesellschaft stets und ständig eingefordert wird. Es ist auch nicht so, dass die Debatte nur einen reinen Unterhaltungswert aufweist, das auch, natürlich. Aber Lahms Äußerungen sind durchaus geeignet, Aufklärung über die Binnenverhältnisse moderner Profiteams zu geben. Jenseits der notorischen Wir-Haben-Uns-Alle-Lieb-Statements.

Deshalb: well done, Philipp!

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