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1. FC Saarbrücken vs. RWE 0:2 / Der verdiente erste Auswärtssieg

Möhwald erzielte seinen ersten Drittligatreffer © www.fototifosi.de

Der Ludwigspark kündet eindrucksvoll von den großen Zeiten des 1. FC Saarbrücken. Und daran, dass diese bereits einige Zeit zurückliegen. Als Anhänger des RWE kommt einem das vertraut vor. Vertraut war einem auch die Aufstellung die Alois Schwartz ins Duell der beiden Traditionsvereine schickte. Wie bereits vermutet, änderte er Preußers Formation nur da wo er musste, und brachte Tunjic für den verletzten Morabit.

Die Spiele gegen Aachen und den BVB hatten der Mannschaft Sicherheit und Struktur gegeben. Das war von der ersten Minute an zu spüren. Wenn Saarbrücken das Spiel aus der Abwehr heraus aufbaute, versuchten Tunjic und Möhwald die Passwege ins Zentrum zu blockieren. Mit einigem Erfolg – der FCS war so gezwungen lange, hohe Bälle zu spielen oder verlegte seine Angriffsbemühungen viel zu früh auf eine der Außenbahnen. Beides war relativ einfach zu verteidigen. Möckel und Oumari machten ihren Job tadellos. Können sie diese Form konservieren, werden es Bertram und Rauw schwer haben ihre Stammplätze zurück zu erobern. Vor allem Möckel überzeugte mich dieses Mal nicht nur als Abwehrorganisator, sondern wusste sogar mit einigen gescheiten und genauen Bällen zur Spieleröffnung beizutragen. Bei eigenen Ballverlusten in der Hälfte von Saarbrücken wurde versucht – nicht selten mit Erfolg -, über Gegenpressing den Ball möglichst umgehend wieder in Besitz zu nehmen. Hier verdiente sich besonders der unglaublich agile und laufstarke Strangl Bestnoten, dem kein Weg zu weit und kein Zweikampf zu viel war. Im Grunde gilt dies ebenso für Drexler. Bei der Bewertung seiner Leistungen wird aufs Neue der Fehler wiederholt, der in der letzten Saison zu einem überkritischen Umgang mit Gaetano Manno führte. Beides sind von Haus aus Stürmer, müssen aber, wenn sie auf den Außenbahnen spielen, viel Energie aufwenden, um ihren defensiven Aufgaben nachzukommen. Exemplarisch erinnere man sich an die Defensivanfälligkeit der Bayern, sobald Robben und Ribéry ihre diesbezüglichen Pflichten vernachlässigen. Die Note 4 für Drexler in der heutigen TA ist eine Frechheit. Wer allein Tore zum Kriterium der Bewertung eines Spielers erhebt, versteht von der komplexen Aufgabenverteilung im modernen Fußball in etwa soviel wie Ottfried Fischer vom Vegetarismus.

Mijo Tunjic. Hier muss ich Abbitte leisten, denn eigentlich hatte ich nach dem Pokalspiel in Heiligenstadt alle Hoffnungen fahren lassen, dass es mit ihm und dem RWE noch jemals etwas werden könnte. Und jetzt das: Honeymoon – Kate und William vergleichsweise altes Ehepaar! Ganz abgesehen vom Tor – er nahm zum ersten Mal nennenswert am Spiel der Mannschaft teil, ließ sich tiefer fallen als zuletzt und erhielt so deutlich mehr Zugriff auf das Geschehen. Er leistete sich auch am Samstag das ein oder andere vermeidbare Fehlabspiel, glänzte aber andererseits mit einigen vertikalen, längeren Zuspielen. Und schoss – nach Freistoß von Pfingsten-Reddig – ein schönes, ungemein wichtiges Tor zur Führung des RWE. Wenn es ihm gelingt, diese Leistung zu verstetigen, werden wir noch viel Freude an ihm haben.

Meine einzige, klitzekleine Kritik am Coaching von Alois Schwartz: Ich hätte Tobias Ahrens schon zehn Minuten früher eingewechselt. Es sei an das Spiel der Erfurter in Wiesbaden in der letzten Saison erinnert. Bereits damals irrwischte Ahrens durch die Innenverteidigung und erzielte fast ein Tor. Diesmal hatte er (innerhalb von nur 4 verbleibenden Spielminuten) gleich zwei Großchancen, eine davon endete am Pfosten. Sobald nach einer Führung des RWE Konterräume vorhanden sind, ist Ahrens eine erstklassige Option. Mit seiner Schnelligkeit stellt er eine Heimsuchung für alle Verteidiger dar – noch dazu, wenn sie bereits 80 Minuten Spielzeit in den ausgelaugten Knochen haben.

Am nächsten Samstag kommt es im Steigerwaldstadion zum Spitzenspiel. Der Erste und Zweite der ewigen Drittligatabelle treffen aufeinander; gewinnt der RWE schubsen wir den OFC wieder vom Thron. Ein zweifelhaftes Vergnügen, ich weiß. Aber auch so ist das Wort vom Spitzenspiel nicht völlig absurd (sondern nur ein bisschen). Zwar ringen beide Mannschaften nach einem grandios verkorksten Ligastart vorerst um Anschluss ans Mittelfeld, allerdings befinden sich alle zwei Teams momentan in sehr guter Verfassung. Offenbach hat von den letzten 5 Ligaspielen drei gewonnen und keines verloren. Dazwischen fiel der so deutliche wie verdiente DFB-Pokalsieg gegen den Erstbundesligisten Greuther Fürth (2:0). Man muss kein Loddar Matthäus sein, um sicher davon ausgehen zu können, dass der OFC stärker sein wird als zuletzt Aachen, der BVB-Nachwuchs und Saarbrücken.

Ihr wisst schon: Prüfstein, harter Brocken und so.

Alois Schwartz? Alois Schwartz!

©kicker.de

Er ist mir damals nicht weiter aufgefallen. Er war der Mann neben Renè Müller, Feichtenbeiner und Kocian. Das ist natürlich kein Makel; die Aufgaben eines Assistenztrainers mögen vielfältig sein, die Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit zählt gewiss nicht dazu. Seine erste Erfurter Zeit endete 2005 mit dem Abstieg aus der 2. Liga.

Nach anderthalb erfolgreichen Jahren bei Wormatia Worms in der Oberliga Südwest verpflichtete ihn Anfang 2007 der FCK – auf dass er die zweite Mannschaft des Traditionsvereins vor dem Abstieg aus der Regionalliga bewahre. Das ging grandios schief. 2008 gelang jedoch der direkte Wiederaufstieg und seitdem schlägt sich der FCK II äußerst wacker in der starken Regionalliga West. Das wird wohl auch in dieser Saison so sein – seit zwei Tagen müssen sie in der Pfalz jedoch ohne Alois Schwartz auskommen.

Auch ich hatte eher mit Rico Schmitt als neuem Cheftrainer gerechnet, dessen Rausschmiss in Aue mir damals sehr voreilig erschien. Immerhin war er mit Aue aufgestiegen und unter ihm hatte Wismut 2010/2011 eine grandiose Saison in der 2. Bundesliga gespielt. Aus welchen Gründen auch immer, man hat sich mit ihm nicht einigen können. Ob er die bessere Wahl gewesen wäre, werden wir mithin nie erfahren.

Auf der gestrigen Pressekonferenz führte Rolf Rombach aus, dass für Alois Schwartz gesprochen habe, dass er das Nachwuchskonzept des RWE befördern wolle. Dies ist wieder so eine Aussage des Präsidenten, die ich für unglücklich halte. Ein Nachwuchskonzept kann ich auch in der Thüringenliga haben und befördern. Es kann unmöglich die primäre Intention eines auf einem Abstiegsplatz liegenden Drittligavereins sein, dies in der gegenwärtigen Situation zur ersten Maxime zu erheben. Nachwuchsarbeit ist immer und überall Mittel zum Zweck, nicht mehr und nicht weniger. Alles – inklusive das schönste Nachwuchskonzeptes – ist Makulatur, wenn der Profimannschaft der Klassenerhalt nicht gelingt. Für diesen Fall wird das Nachwuchskonzept zu unseren geringsten Sorgen zählen.

Aber, für die rhetorischen Unbeholfenheiten Rombachs kann Alois Schwartz nicht die Bohne. Er hat in Kaiserslautern nachgewiesen, dass es möglich ist, mit einem eher durchschnittlichen Kader attraktiven und durchaus erfolgreichen Fußball zu spielen. Wenn es ihm gelänge, die Mannschaft schrittweise von den Abstiegsplätzen ins gesicherte Mittelfeld zu führen, sollte man die Saison schon als Erfolg werten.

Einfach wird das nicht. Zu vielfältig sind – nach wie vor – die fußballerischen Defizite des Teams. Christian Preußer hatte im Pokal in Heiligenstadt Mijo Tunjic eine Einsatzchance in der Startelf gewährt. Genutzt hat er sie nicht. Er agiert nach wie vor wie ein Fremdkörper im Spiel der Mannschaft: einfache Bälle verspringen, Pässe über kurze Distanzen erreichen den Mitspieler nicht, selbst das Stellungsspiel bei gegnerischen Standards (also im eigenen Strafraum) gibt ihm nach wie vor Rätsel auf. Womöglich gelingt es ja Alois Schwartz den Holländer aufzubauen.

Wenn nicht, hat der RWE in der Offensive ein gewaltiges Problem. Dann lastet alles auf Drexler und Morabit. Fällt auch nur einer von beiden aus, ist das Angriffsspiel der Mannschaft sehr leicht ausrechenbar. Selbst für einen Verbandsligisten wie Heiligenstadt. Die nächste große Baustelle tut sich auf der linken Abwehrseite auf. Rafael Czichos hat gegen Dortmund defensiv recht gut gestanden, sein großes Manko liegt in der Spieleröffnung. Da spielt er chronisch haarsträubende Pässe in die Beine des Gegners. Gegen die Eichsfelder Amateure war das verkraftbar, in der Dritten Liga ist es das nicht.

Eine Menge Arbeit für den neuen Cheftrainer des RWE. Viel Glück dafür, Alois Schwartz! Ob er noch einmal auf dem – ohnehin sehr ausgedünnten – Spielermarkt tätig wird (werden kann oder darf) ist momentan ungewiss. Aber ich glaube, dass man dies wird tun müssen, zu offensichtlich sind die fußballerischen Mängel auf einigen Positionen. Ansonsten erwarte ich für das Spiel gegen Saarbrücken keine großen Veränderungen. Schwartz bevorzugt – wie Preußer – eine 4-2-3-1-Formation. Wir werden wohl dieselben Spieler wie gegen Dortmund auflaufen sehen – so sie denn gesund sind.

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