Da fährt man mal eine Woche in den Urlaub und schon bietet der FC Rot-Weiß Erfurt bei der Heimkehr ein völlig neues Bild. Kein besseres, eindeutig. Auf der Hinfahrt war die Welt noch in Ordnung. Kroatische Autobahnen sind nicht nur bemerkenswert solide asphaltiert, sie bieten sogar durchgehend eine brauchbare Anbindung an die digitale Welt. Kurz vor der Mittelmeerküste kündete der RWE-Ticker von einem verdienten Auswärtserfolg in Chemnitz. Damit waren die letzten Zweifel beseitigt – der RWE würde auch im nächsten Jahr in der 3. Liga spielen. Der Sturz ins Bodenlose war abgewendet. Dass dann ausgerechnet der Mann dem dieses klitzekleine Erfurter Fußballwunder gelang, nur Tage später seinen Abgang zum Saisonende verkündet, zählt mal wieder zu den Tiefschlägen, die die Anhänger dieses Vereins seit Jahren wegstecken müssen. Und obwohl wir inzwischen daran gewöhnt sein sollten, schmerzt es jedes Mal mehr.
Über die Trennung von Alois Schwartz ist in den letzten Tage reichlich spekuliert worden. Kein Wunder, da man den offiziell verabreichten, rhetorischen Tranquilizern misstraut. Wohl zurecht. Da aber Alois Schwartz kein Klaus-Dieter «Pele» Wollitz ist, wird man die «Wahrheit» wohl nie erfahren. Sicher jedoch ist: Wie werden den vierten Cheftrainer innerhalb eines Jahres auf der Bank des RWE erleben. Sportliche Kontinuität sieht anders aus. Als ebenso zweifelsfrei darf gelten, dass Sportvorstand Alfred Hörtnagl nun endlich zeigen kann, was er bei der Trainer- und Spielersuche so drauf hat, damit rund um den Steigerwald nachhaltiger Erfolg einziehen möge (nur um mal eines seiner Lieblingsadjektive zu gebrauchen). Vielleicht findet sich ja ein Trainer, der es richtig toll findet, wenn der Manager die Halbzeitansprache an die Mannschaft halten möchte. Mal sehen.
Die beiden Niederlagen gegen Dortmund und Darmstadt sind aus sportlicher Sicht völlig nebensächlich. Es mag absurd klingen, aber ich denke tatsächlich, dass sie einmal mehr die sehr gute Arbeit von Alois Schwartz über die gesamte Rückrunde hinweg belegen. Die Mannschaft ist eben nicht in der Lage irgendwas leichthin spielerisch zu lösen. Jeden einzelnen Punkt musste sich das Team hart erarbeiten. Dafür hatte Schwartz eine kompakte Defensivtaktik verordnet, die auf aggressivem Pressing, der Verdichtung des zentralen Mittelfelds und einer sehr nach hinten denkenden, gegentorvermeidenden Spielidee beruhte. Man kann im Abstiegskampf auch anders erfolgreich agieren, wie die Beispiele von Mönchengladbach (Rückrunde 2010/11 unter Lucien Favre) und Freiburg (Rückrunde 2011/12 unter Christian Streich) belegen. Allerdings benötigt man dafür die entsprechenden Spieler und die standen Alois Schwartz nicht zu Verfügung, weswegen er auf den Versuch ein Spiel dominieren zu wollen (so gut wie immer) verzichtete. Die Mannschaft kam physisch erstklassig vorbereitet aus der Winterpause. Solange die Faktoren taktische Disziplin, Laufbereitschaft und Konzentration zusammenkamen, war es für jede Mannschaft der Liga schwierig gegen den RWE der Rückrunde 2012/2013 Tore zu erzielen. Als im Gefühl des sicheren Klassenerhalts Schludrigkeit einzog, sah man, wo und wie man auch hätte enden können. Mithin war die von Schwartz gewählte taktische Ausrichtung richtig. Noch viel gravierender jedoch war die offenkundige Fähigkeit des Trainers, sein Team Woche für Woche, Spiel um Spiel darauf einzuschwören. Dass die Mannschaft ihm dabei folgte, stellt auch ihr ein lobenswertes Zeugnis aus.
Es war eine gute Entscheidung des Präsidiums sich für Alois Schwartz als Trainer zu entscheiden. Unter hohem Druck, man erinnere sich. Aber es verdankt sich vor allem seiner sportlichen Kompetenz, dass der Abstieg ins sportlich wie finanziell Randständige abgewendet werden konnte.
Well done, Alois Schwartz! Haben Sie sich wohl, wohin immer Ihr Weg Sie führen mag.