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Rot-Weiss Erfurt vs. Hallescher FC 2:1 / Keine Luftgitarre

Das war eine gute Woche für den Fußballclub Rot-Weiß Erfurt. Erst wurde Präsident Rolf Rombach mit einem erstaunlichen Resultat im Amt bestätigt. Dann bestätigten die angestellten Kicker ihren Willen und ihre Fähigkeit, den Verein in der 3. Liga zu halten. Am Verdienst dieses Sieges gegen den Halleschen FC sind Zweifel unangebracht, selbst wenn er am Ende glücklich zustande kam.

Ich war sehr gespannt, wie RWE-Trainer Alois Schwartz mit dem Ausfall Morabits und dem personellen Überangebot überzeugend spielender Innenverteidiger umzugehen gedachte. Er ließ sich etwas Überraschendes einfallen: Oumari wurde als rein defensiver Sechser aufgestellt, während Pfingsten-Reddig und Engelhardt deutlich davor agierten. Mittels Oumaris Absicherung sollten sie mehr Druck nach vorn entfalten, um auf diese Weise Morabits Ausfall zu kompensieren. Das gelang zufriedenstellend. Oumari merkte man nicht an, dass er diese Position zum ersten Mal spielte, er gewann viele Zweikämpfe und leistete sich nur wenige Abspielfehler. Nach Ströhls Auswechslung stellte er seine Polyvalenz endgültig unter Beweis, als er für diesen auf die linke Seite der Viererkette wechselte. Engelhardt und Pfingsten-Reddig schlugen manchen klugen Pass nach vorne, leisteten sich aber auch das ein oder andere nicht ungefährliche Fehlabspiel. Aber der HFC war am Samstag nicht die Mannschaft, dies verwerten zu können. Ich wette darauf, dass wir diese Aufstellung im Mittelfeld, taktisch wie personell, nicht zum letzten Mal gesehen haben.

Ofosu-Ayeh verbrachte auf der rechten Abwehrseite einen ruhigen Nachmittag, was er leider nicht für eine aktivere Rolle im offensiven Flügelspiel zu nutzen wusste (oder durfte). Wenn der HFC über die Außen kam, dann mit dem sehr gefälligen Lindenhahn auf der anderen Seite. Dort hatte Ströhl große Mühe den quirligen Angreifer zu kontrollieren. Er wurde allerdings auch oft allein gelassen. Möckel und Kopilas absolvierten ihre defensiven Aufgaben routiniert und waren bei quasi allen eigenen Standards in der Hälfte des HFC präsent. Diese Präsenz sollte am Ende spielentscheidend werden. Tunjic zeigte sich deutlich verbessert. Es gelang ihm, einige Bälle im Angriff zu behaupten und zu verteilen. Er leistete sich nur wenige leichte Abspielfehler. Leider blieb ihm ein Tor versagt. Ganz ohne Zweifel war dies einer der besten Auftritte von Mijo Tunjic im Trikot des RWE.

Eines wird zudem immer offensichtlicher. Alois Schwartz baut auf Standards. Wir haben am Samstag 10 Ecken zugesprochen bekommen, gut die Hälfte davon war von brauchbarer Qualität. Das ist – gemessen an der Vorsaison – ein guter, fraglos aber noch steigerungsfähiger Wert. Doch die Qualität der Eingaben ist das eine, die Qualität der potenziellen Abnehmer ist mindestens ebenso relevant. Und hier hat sich gewaltig etwas zum Besseren verändert. Allein die körperliche Präsenz von Möckel, Kopilas und Oumari im gegnerischen Strafraum ist beeindruckend. Kein Zufall, dass dem Siegtor ein gewonnener Kopfball von Möckel vorausging, der (über kleine Umwege) Öztürk den Ball vor die einschussbereiten Füße geraten ließ und den Fans des RWE einen versöhnlichen Abschluss dieses aufgeregten und aufregenden Fußballjahres bescherte.

Ich wünsche Euch und Euren Familien ein richtig schönes Weihnachtsfest und einen rundum gelungenen Start ins Neue Jahr. Je nach persönlichem Temperament: besinnlich, fröhlich oder knallig laut.

Bedanke möchte ich mich für die Treue aller Leser dieses Blogs und die durchweg positive, sehr freundliche Resonanz. Bleibt mir gewogen.

Fedor Freytag

RWE vs. SV Wehen Wiesbaden 2:2 / Stabil auf der Intensivstation

Vom Punkt nicht zu stoppen: Nils Pfingsten-Reddig © www.fototifosi.de

Alois Schwartz hatte vor dem Spiel gewarnt. Wehen Wiesbaden sei fußballerisch besser als Rostock und gehöre eigentlich in gehobenere Regionen der Tabelle. Diese Einschätzung des RWE-Cheftrainers erwies sich als richtig. Mir ist es ein Rätsel, wie eine technisch so talentierte und taktisch reife Mannschaft sich Sorgen um den Ligaverbleib machen muss. Ist aber nur eine von vielen Fragen rund um diese seltsame 3. Liga. Und an dieser Stelle naturgemäß nicht die wichtigste.

Wieso die Fans des FC Rot-Weiß Erfurt um den Erhalt des Profifußballs in ihrer Stadt bangen müssen, ist vergleichsweise einfach zu beantworten. Das Spiel am vergangenen Samstag bot besten Anschauungsunterricht. Ohne Zweifel, Alois Schwartz ist es gelungen, die Mannschaft zu stabilisieren. Die Frage ist jetzt, ob das dabei erreichte Niveau ausreichen wird, die Klasse zu halten. Sagen wir so: es könnte eng werden. Schwartz hat – sieht man von Änderungen aufgrund von Sperren und Verletzungen ab – seine Mannschaft und sein System gefunden. Der RWE hat in den letzten 5 Spielen nicht verloren und 9 Punkte geholt. Da die anderen Vereine in ähnlich prekärer Lage die unschöne und enervierende Angewohnheit haben ebenfalls Punkte zu sammeln, befinden wir uns aber wieder auf einem Abstiegsplatz. Die Leistung der Mannschaft ist fragil. Jede Substanzeinbuße bedeutet Punktverluste. Oumaris Ausfall war am Samstag nicht zu kompensieren. Weder defensiv noch offensiv. Seine beiden Innenverteidiger-Kollegen koproduzierten einträchtig den Elfmeter für Wiesbaden zum 2:2-Endstand. Erst Möckel mit einem Pass direkt aus der Hölle, dann Kopilas mit einem Zweikampfverhalten selben Ursprungs. Ich weiß, es ist nicht lange her, da hatte ich dem Duo Morabit und Drexler noch die Qualität einer RWE-Lebensversicherung zugesprochen – leider waren ihre Leistungen in den letzten beiden Heimspielen nicht durchweg geeignet, diese optimistische Prognose besonders plausibel erscheinen zu lassen.

Trotzdem, Möckel, Kopilas, Drexler und Morabit sind ganz eindeutig nicht das Problem der Mannschaft. Sie machen Fehler und/oder leisten sich schwächere Spiele, aber im Grunde gehören alle unbestritten zu den Leistungsträgern des Teams.

Es gibt allerdings zwei Positionen, bei denen ich den Langmut und das Zueinander-Finden-Lassen von Alois Schwartz nicht verstehe. Die eine betrifft die rechte Seite der Viererkette, momentan konstant besetzt mit Phil Ofosu-Ayeh. Defensiv werden uns derzeit die Schwächen auf dieser Seite von jedem Gegner um die Ohren gehauen. So auch am Samstag bei der Führung des SVWW, als sich Ofosu einen schlimmen Stellungsfehler leistete und wirkungslos im Niemandsland herumstand, als die torvorbereitende Eingabe über seine Seite erfolgte. Offensiv ist die mangelnde Passgenauigkeit unseres Rechtsverteidigers bereits in der vergangenen Saison ein steter Quell meiner Frustration gewesen. Daran hat sich leider nichts zum Besseren verändert. Warum, frage ich mich, sitzt beispielsweise Maik Baumgarten nur auf der Bank. Klar, die Position wäre für ihn ungewohnt, aber der Junge ist in der Lage mit neuen Situationen gut und schnell fertig zu werden. Und, mal ehrlich, so gewaltig ist das Risiko einer Verschlechterung nicht.

Die zweite eklatante Schwachstelle ist für mich Mijo Tunjic im Sturmzentrum. Es ist unstrittig: er läuft viel, er kämpft, gibt nie auf, wirft sich in jeden Ball. Ja, ja, ja. Aber, ein Zuspiel auf ihn bedeutet oft auch das abrupte Ende eines Erfurter Angriffs. Worin seine Fähigkeiten liegen, kann man erkennen, sobald der Ball im Strafraum ist – mit jeder Faser seines Körpers versucht er das Runde irgendwie ins Eckige zu bugsieren. In solchen Situationen ist er gefährlich. Dies jedoch ist ein Talent, dass beim RWE momentan vergeudet ist. Die Mannschaft erarbeitet sich viel zu wenige solcher Torbelagerungen. Vor allem eine Folge davon, dass das Flügelspiel nicht forciert wird (oder aufgrund mangelnder Qualität nicht forciert werden kann). Wenn aus dem Spiel heraus Gefahr für das gegnerische Tor entsteht, dann meist mit schnellen Kombinationen, die über die Mitte oder die Halbräume vorgetragen werden. Das aber ist nicht das Spiel des Mijo Tunjic und wird es vermutlich nie werden. Weshalb er bei diesen Gelegenheiten oft wie ein Fremdkörper agiert. Alternativen? Wenige! Dazu alle verbunden mit mehr oder weniger großen Umbauten in der Mannschaft. Hier muss in der anstehenden Transferperiode gehandelt werden. Ein Stürmer vom Typ des Wiesbadener Wohlfarth sollte eigentlich zu bekommen sein, der erzielt zwar auch nicht in jedem Spiel fünf Tore, ist aber in der Lage, Bälle sicher zu behaupten und auf nachrückende Spieler zu verteilen.

Bilanz: Spielerisch war der SV Wehen Wiesbaden die klar bessere Mannschaft. Der RWE konnte mit den vorhandenen Kontergelegenheiten wenig anfangen, kämpferisch wusste die Mannschaft von Alois Schwartz allerdings erneut zu überzeugen. Pressing und Gegenpressing funktionierten zufriedenstellend. Wurde der Ball dem Gegner abgenommen, fehlte es jedoch meist an allem, was den Aufwand eines Pressings rechtfertigt: schnelles, entschlossenes Umkehrspiel, verbunden mit hoher Passgenauigkeit bei gut abgestimmten Laufwegen. Zwei Standardtore mussten her, sonst hätten wir das Spiel verloren. Auf der anderen Seite konnte der SVWW mit seinem spielerischen Potenzial verblüffend wenig anfangen. Vermutlich der Hauptgrund, warum eines der fußballerisch besten Teams der Liga so weit im Süden der Tabelle schmort.

Und wenn ich nicht mehr lachen kann, dann schau‘ ich mir den Nachwuchs an. Sehr frei nach Erich Kästner. Es war schon in der letzten Saison ein probates Mittel – nach dürftigen Leistungen der Profis, ein Spiel der A-Junioren besuchen. Gestern gewann die Mannschaft von Christian Preußer 5:1 gegen den VfL Osnabrück. Der VfL ist Tabellenvierter und hatte bisher in 12 Ligaspielen ganze 11 Tore zugelassen. Spitzenwert in der Nordost-Staffel der Bundesliga. Gestern kamen fünf dazu. Bei eisigen Temperaturen sahen die Zuschauer eine kompakte, spielstarke Erfurter Mannschaft. Felix Robrecht, der im zentralen Mittelfeld defensiv wie offensiv den Takt vorgab, sowie Jonas Nietfeld ragten aus dem Kollektiv noch heraus. Nietfeld steht jetzt bei 9 Saisontoren und 15 Scorerpunkten. Damit führt er beide Liga-Statistiken an.

Was mir ungemein imponiert: Preußer gelingt es wieder, eine Mannschaft sukzessive zu verbessern. Im Vergleich zu den ersten Saisonspielen ist das fast komplett neu zusammengestellte Team kaum wieder zu erkennen. Selbst bei Pressing des Gegners wird versucht, die Situation spielerisch aufzulösen. Pressingresistenz nennen das die Taktikgurus. Die Mannschaft musste die letzte halbe Stunde in Unterzahl agieren. Der VfL machte Druck. Aber selbst während dieser Phase sah man kaum hektisch nach vorn gedroschene lange Bälle.

Ich weiß natürlich, dass man die 3.Liga und die A-Jugend-Bundesliga nur sehr behutsam miteinander vergleichen sollte. Doch genau dieser Mangel an Entwicklung zum fußballerisch Besseren (innerhalb einer Saison wohlgemerkt), nervt mich seit Jahren am Profiteam des RWE. Das war unter Emmerling nicht zu beobachten und daran hat sich leider wenig geändert. Nur, dass der Thrill diesmal existenzbedrohend ist.

FC Rot-Weiß Erfurt vs. Hansa Rostock 1:1

© www.fototifosi.de

Ja, was denn nun? War das jetzt Pfingsten-Reddigs 15. (Marco Alles in der Thüringer Allgemeinen) oder 16. Elfmetertor (Thomas Czekalla in der TLZ) seit er für den RWE in der 3. Liga spielt. Fragte sich der Blogger, «recherchierte» selbst und stellte fest: Beides ist falsch. Es war sein 14. Treffer vom Punkt im 15. Versuch (2010/2011 – 7/8; 2011/2012 – 5/5; 2012/2013 – 2/2). Sagt jedenfalls der KICKER – und der ist, was Statistiken angeht über jeden Zweifel erhaben. Ergibt noch immer eine herausragende Quote von 93,3 Prozent. Herausragend deshalb, weil der Durchschnittswert im internationalen Profifußball seit Jahrzehnten stabil bei ziemlich exakt 75 % verharrt.

Ansonsten hatte das Spiel nicht wirklich einen Sieger verdient. Beide Mannschaften lieferten in der Defensive Überzeugendes, offensiv blieben fast alle Wünsche offen. Die Passgenauigkeit im Angriffsspiel des RWE lag bei gefühlten zehn Prozent. Damit konnte man die stabile Hansa-Abwehr so gut wie nie in Verlegenheit bringen. Drexler und Morabit hatten nicht ihren besten Tag und dieses Mal gab es auch keinen singulären Geniestreich, der noch eine Woche zuvor in Darmstadt die drei Punkte bescherte. Kein Beinbruch, am kommenden Sonnabend bereits kann das gegen Wehen Wiesbaden wieder ganz anders aussehen.

Trotzdem ärgerlich, dass wir uns das Gegentor erneut nach einer Ecke einfingen. Und dieses Mal bestätigte die Realität die Statistik. Zwei Drittel aller Tore nach Ecken fallen bei Aktionen über den eckennahen (vulgo: kurzen) Pfosten. Das war auch dieses Mal nicht anders. Von dort wurde der Ball durch einen Rostocker in die Mitte verlängert, wo er im Gewimmel seinen Abnehmer fand. Dieses Mal war die sensible Zone sogar mit zwei Erfurter Spielern abgedeckt, aber sowohl Möhwald als auch Tunjic flogen am Ball vorbei. Die beiden stärksten Erfurter Kopfballspieler Kopilas und Oumari konnten nicht eingreifen, weil sie mit der Manndeckung anderer Angreifer befasst waren. Vielleicht sollte man ernsthaft darüber nachdenken, einen von beiden aus der Manndeckung zu nehmen, umso mehr Stabilität bei der Abwehr von Ecken zu erreichen.

Der Mann des Tages war für mich ohne jeden Zweifel Joan Oumari. Er machte eines seiner stärksten Spiele im Trikot des RWE und verlor so gut wie keinen Zweikampf. Nicht zum ersten Mal machte er sich außerdem mit exakten, langen Bällen um die Spieleröffnung verdient. Ich bin ja grundsätzlich kein Freund von weiten, hohen Zuspielen aus der Abwehr, aber wenn sie die Qualität von Oumaris Pässen haben, kann man so viel dagegen nicht einwenden. Schon gar nicht in unserer Situation. Zudem zeigt er sich in den letzten Spielen deutlich verbessert, was sein taktisches Verhalten betrifft. Noch am Anfang der Saison rückte er situativ oft ins Mittelfeld oder auf die Außenpositionen, verfehlte dann aber den Ball oder verlor den Zweikampf, was zwangsläufig zu Lücken in der Innenverteidigung führte. Das passierte ihm am Samstag so gut wir gar nicht. Wann immer er entschied herauszurücken, klärte er die Situation. Fabelhaft!

Zum Abschluss ein paar Gedanken zur Situation von Alemannia Aachen. Wenn ich es recht verstanden habe, ist der Insolvenzantrag gestellt, das Insolvenzverfahren soll jedoch erst nach Beendigung der Saison eröffnet werden. Laut den Statuten des DFB bedeutet dies einen Zwangsabstieg in die Regionalliga, allerdings darf die laufende Spielzeit zu Ende absolviert werden. Wenn dem so ist (ich das also korrekt verstanden habe), dann ist dies eine äußerst fragwürdige Regelung. Vor der Winterpause sind noch drei Spiele der Rückrunde zu absolvieren. Danach beginnt die Transferperiode. Man muss kein Prophet sein, um vorauszusehen, dass Aachen versuchen wird eine Reihe von Leistungsträgern zu verkaufen. Zum einen, um noch ein wenig Kasse zu machen, zum anderen um Personalkosten zu senken. Die Mannschaft vor der Winterpause wird mit der Mannschaft nach der Winterpause nicht mehr allzu viel gemeinsam haben. Was aus wirtschaftlicher und insolvenzsrechtlicher Sicht geboten scheint, ist sportlich nur eins: Wettbewerbsverzerrung. Wenn feststeht, dass eine Mannschaft formal keine sportlichen Ambitionen mehr in einem Wettbewerb hat (haben darf), dann kann es nur eine Lösung geben: Diese Mannschaft muss sofort aus diesem Wettbewerb entfernt werden und all ihre bisher erzielten Resultate werden annulliert.

Niemanden freut es, wenn ein Traditionsverein pleitegeht. Aber die Alemannia wird sich berappeln, sie wird nicht dauerhaft von der fußballerischen Bildfläche verschwinden. Der Verein bezahlt nun den Preis für sein Fehlverhalten – und das ist mehr als legitim. Es ist gerecht. Es ist gerecht gegenüber den halbwegs solide wirtschaftenden Vereinen, die mit sportlichen Niederlagen dafür bezahlen, dass sie den Gang zum Konkursrichter nicht billigend in Kauf nehmen. Die – wie der RWE – aus der Vergangenheit gelernt haben.

Rot-Weiß Erfurt vs. Babelsberg 1:1 / Ganz normaler Abstiegskampf

Möckel wütet den Ball ins Tor © www.fototifosi.de

Die Geschichte dieses Spiel ist flott erzählt. Der SV Babelsberg geht früh und glücklich in Führung, der RWE erzwingt in der Nachspielzeit der Nachspielzeit den Ausgleich. Dazwischen: jede Menge schlechter Fußball. Auf taktische Details kann verzichtet werden. Eine fußballerisch limitierte Mannschaft wie der RWE tut sich naturgemäß schwer gegen einen versiert und kampfkräftig verteidigenden Gegner. Das war in der letzten Saison bereits so, es ist diese Saison so und daran wird sich in absehbarer Zeit wenig ändern. Im Übrigen teilt sich der RWE dieses Problem mit 80 Prozent aller Teams der 3. Deutschen Profiliga. Mindestens.

Und weil das so ist, und weil so wenig neu daran ist, und weil wir uns seit Beginn dieser Saison im Abstiegskampf befinden, und weil wir schon vier Heimspiele deutlich verloren haben, und weil das gestern Abend anders war, wundert mich die zwischen Wut und Hoffnungslosigkeit changierende Reaktion auf dieses Spiel. In- und außerhalb des Steigerwaldstadions. Die Mannschaft hat den Ausgleich mit allem was ihr zur Verfügung stand erzwungen. Prognosen sind eine schwierige Sache, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen, aber eine will ich mal wagen: Liebe Zuschauer, liebe Foren-Diskutanten – besser ihr gewöhnt Euch gleich an diese Art von Spielen, an diese Art von Fußball, denn daran wird sich bis zum Ende dieser Saison nicht viel ändern. Klar, es wird Spiele geben, in denen der RWE (z.B. nach einer Führung) mehr Raum bekommen wird, aber die gestrige Art von Kampf- und Krampfkick wird es mindestens ebenso oft geben. Es wurde ein Punkt gewonnen, mehr war gestern eben nicht drin. Besser wären drei gewesen, aber der uns bevorstehende brettharte Abstiegskampf verbietet jeden Konjunktiv, sonst lautet er am Ende der Saison in seiner ultimativen Form: Wir hätten den Abstieg vermeiden können.

Am Sonntag wartet der SV Darmstadt 98, die stecken ebenso tief im Schlamassel wie wir. Von der taktischen Grunddisposition her wird dieses Spiel vermutlich etwas leichter für den RWE, weil Darmstadt Heimrecht hat und offensiver agieren muss, als Babelsberg das gestern tat.

Aber, das ist noch nicht alles, was mir heute auf der Seele liegt. Langsam wird es zu einer unguten beschissenen Erfurter Tradition, dass Spieler der eigenen Mannschaft zu Sündenböcken erkoren werden. In der letzten Saison gab es höhnischen Applaus gegen Reichwein, als er während des Heimspiels gegen Wiesbaden ausgewechselt wurde. Jene, die das damals taten, waren zu blöd oder zu besoffen (wahrscheinlich jedoch beides) um zu realisieren, dass der Verhöhnte im selben Spiel zwei Tore vorbereitete. In dieser Saison wurde Tunjic auf ähnliche Weise attackiert (gegen Bielefeld) und gestern traf Marco Engelhardt die Verachtung der Wutbürger. Zunächst kann festgehalten werden: Marco Engelhardt hat kein gutes Spiel gemacht. Damit war er jedoch mitnichten der einzige RWE-Akteur auf dem Platz. Überdies haben wir uns alle von seiner Verpflichtung mehr versprochen, als er bisher auf dem Platz einzulösen in der Lage war. Das wird er selbst, vermute ich, nicht grundsätzlich anders beurteilen. Trotzdem ist er ein wichtiger Spieler dieser Mannschaft. Er hat gekämpft, ist viel gelaufen, sah aber in einigen Szenen unglücklich aus. Zugegeben. Man kann auch verlangen, dass ihm der Trainer eine Denkpause auf der Bank gibt. Alles legitim. Unappetitlich wird es da, wo die Beurteilung einer Leistung mit persönlichen Herabwürdigungen einhergeht. Dafür besteht kein Anlass. Wie sollte ein solcher Anlass auch aussehen? Es ist überdies völlig kontraproduktiv – noch nirgends ist die Leistung eines Spielers durch Schmähungen der eigenen Anhänger verbessert worden. Manchmal habe ich den Eindruck, dass viele Fans sehr schnell mit moralischen Urteilen zur Hand sind, etwa gegen den bösen, verkommenen Profifußball unserer Tage oder die verderbten Boulevardmedien, die «ohne mit der Wimper zu zucken, Existenzen vernichten». Dann aber nicht zögern, vor allem um ihren eigenen Vorurteilen Nachdruck zu verleihen, gnadenlose und beleidigende Aussagen zu treffen. Öffentlich – im Stadion oder anderswo. Es ist nicht lange her, dass wir uns im Fall von Kevin Pezzoni gefragt haben, wie es zu einem solchen Irrsinn kommen konnte. Angesichts des derzeitigen Klimas um die Mannschaft des FC Rot-Weiß Erfurt, scheint mir das nurmehr eine rhetorische Frage.

Jede Fußballmannschaft auf den britischen Inseln wäre für so ein Last-Minute-Tor von all ihren Fans uneingeschränkt gefeiert worden. (Und unsere Fankurve hat das ebenso gehalten.) Klar, sie hätten sich anschließend derbe Witze erzählt über die fußballerische Unvollkommenheit ihrer Lieblinge. Aber in erster Linie wären sie stolz auf ihr Team und seinen Willen gewesen, eine Niederlage zu vermeiden. Die Mannschaft des RWE hat gestern alles gezeigt, was seit Wochen von ihr (zu Recht) gefordert wird: sie hat sich nie aufgegeben, sie hat bis zum Umfallen gekämpft, gewühlt, gekratzt und gebissen. Sie hätte sich dafür mehr als ein lauwarmes kollektives Schulterzucken verdient.

Erfurt vs. Chemnitzer FC 3:2 / Dem Smail sein Wetter

Überragend: Smail Morabit © www.fototifosi.de

Gut, dass ich diese Texte nie direkt nach einem Spiel des RWE schreibe. Bereits vor Ort im Steigerwaldstadion war mir aufgefallen, dass es eine gewisse Diskrepanz zwischen meiner Wahrnehmung und der meiner Begleiter gab. Um es deutlich zu sagen: Ich war, obwohl wir gewannen, überhaupt nicht zufrieden mit der fußballerischen Performance der Rot-Weißen und quengelte entsprechend herum. Wieder zu Hause studierte ich die bereits vorliegenden Presseberichte, las die Foreneinträge – und beschloss, mir das ganze Spiel noch einmal anzuschauen.

Das Resultat dieser inneren Berufungsverhandlung: Der FC Rot-Weiß Erfurt hat ein gutes Spiel abgeliefert und gewann völlig verdient gegen den Chemnitzer FC.

Sinnvolle taktische Umstellung in der Offensive

Mit der Genesung Morabits kalibrierte Alois Schwartz die taktische Ausrichtung des RWE erneut etwas anders. Ich habe Morabit eher als zweiten Stürmer gesehen, der zuweilen sogar noch vor Tunjic stand (vor allem wenn hohe Bälle erwartet wurden, die Tunjic mit dem Kopf verlängern sollte). Engelhardt spielte wiederum einen rein defensiven Sechser, der deutlich absichernd hinter den anderen Mittelfeldspielern agierte. Diese Absicherung wiederum erlaubte Pfingsten-Reddig, Möhwald und Baumgarten viele Freiheiten nach vorn. Die meisten Spielbeobachter sahen dennoch ein 4-2-3-1, ich jedoch schließe mich den Kollegen von transfermarkt.de an, die ein 4-4-2 notierten. Morabit etwas abgesetzt vom Mittelfeld spielen zu lassen war schon deshalb gut, weil so die Ballsicherheit in der Spitze (auch am Samstag nicht Tunjics Stärke) entscheidend verbessert werden konnte. Und manchmal ist sich Smail Morabit eben selbst genug, wie die beiden großartig erzielten Tore beweisen, die er sich im Grunde selber auflegte.

Völlig unterschiedliche Spielanlage beider Mannschaften

Was mich vor Ort im SWS störte, konnte man (wegen der fehlenden Totalen) im aufgezeichneten Livestream des mdr schon nicht mehr ganz so deutlich erkennen: der RWE machte das Spiel auch eng, wenn er selbst im Angriff war. Viel lief in der ersten Halbzeit über die linke Seite (auf die sich auch Morabit oft orientierte). Der rechte Flügel verwaiste dann völlig. Was ich zuerst für eine taktische Fehlleistung hielt, geschah einfach zu häufig, um als solche genommen zu werden. Es war Absicht. Vermutlich. Über die Gründe kann ich nur spekulieren, Tatsache ist: Es hat funktioniert. In diesem Spiel. Die beiden nominell offensiven Außenbahnspieler Möhwald und Baumgarten haben ein prima Spiel gemacht, fußballerisch wie kämpferisch, offensiv wie defensiv. Aber beide sind von Hause aus keine Flügelspieler a la Robbery, sondern in der Wolle gefärbte zentrale Mittelfeldspieler, die tendenziell die Platzmitte für ihr Spiel bevorzugen. Durch die Verdichtung des Spiels im zentralen Mittelfeld gewann der RWE viele «zweite» Bälle und war nach eigenen Ballverlusten in die defensive Umkehrbewegung hinein von den Chemnitzern nur schwer zu überwinden.

Ganz anders der CFC. Bei Ballgewinn in der Defensive orientierten sich alle Flügelspieler sofort vom Ball weg auf die Außenpositionen, um das nun folgende (geplante) Offensivspiel möglichst breit anzulegen. In der ersten Halbzeit war dies weitgehend ein Muster ohne Wert, denn die hochgradige Verdichtung des Erfurter Mittelfelds gepaart mit einer unterirdischen Passquote verhinderten die so möglichen Spielverlagerungen. In den zweiten 45 Minuten und mit der Einwechslung von Makarenko (toller Spieler!) und Semmer war das schon weit gefährlicher. Sträßer war jetzt der gewohnte Taktgeber des CFC-Spiels und verteilte die Bälle gekonnt auf die Außen. Vor allem über die linke Abwehrseite des RWE wurde es jetzt häufig gefährlich. Was aber mit zunehmender Spieldauer auch an Ströhl lag, der seinem physisch aufwendigen, kämpferischen Stil Tribut zollen musste. Erst der kluge Wechsel Engelhardts auf diese Position sorgte dann wieder für mehr Stabilität.

Beide Mittelfeldroutiniers überzeugten

Apropos Marco Engelhardt, apropos erfahrene Leistungsträger. Pfingsten-Reddig und Engelhardt sind in dieser Spielzeit häufig stark kritisiert worden. Da ist es recht und billig beide für ein richtig gutes Spiel auch mal zu loben. Engelhardt als defensiver Sechser erlaubte sich so gut wie keinen Fehlpass, war geschickt im Zweikampfverhalten (wenig Fouls) und war auch in der zentralen Abwehr als Kopfballspieler stets präsent. Pfingsten-Reddig (mehr Achter als Sechser) zeigte sich ebenfalls ungemein zweikampfstark und schlug viele kluge Pässe auf die Offensivspieler. Sie spielten beide 90 Minuten ohne sichtbaren Substanzverlust durch, was bei diesem tiefen Boden und der läuferisch aufwendigen Spielanlage des RWE durchaus bemerkenswert ist. In dieser Form sind beide für den RWE Gold wert.

Nichtige Nebengeräusche

Verglichen mit der Bedeutung des Spiels gegen Chemnitz und dem unmittelbar bevorstehenden gegen Babelsberg sind die beiden «Vorkommnisse» des Spiels an Randständigkeit kaum zu überbieten.

Morabit setzt sich beim Torjubel eine Brille auf und gestikuliert in Richtung Pressetribüne, well ihm die Berichterstattung der FOTO seine Person betreffend missfällt. So what? Diese öffentlichkeitswirksam vorgetragene Form der Gegendarstellung ist sein gutes Recht. Ich habe schon weniger subtilere Formen des Presseprotestes erlebt. Noch ein Tipp, Smail: Da man sich auf die Nahaufnahmen des mdr verlassen kann, solltest Du das nächste Mal eine Hornbrille mit zentimeterdickem Fensterglas parat halten, das erhöht die Aussagekraft der Message. Ansonsten: gute Show!

Drexler wird (ganz) kurz vor Schluss Opfer einer rein taktischen Auswechslung, nachdem er nur etwas mehr als 20 Minuten auf dem Platz war. Um es kurz zu machen – keine glückliche Entscheidung von Schwartz, wie ich finde. Die erste Adresse für einen Wechsel wäre Tunjic gewesen, der sich nach großer Laufleistung kaum noch auf den Beinen halten konnte. Aber, hej, wir spielen gegen den Abstieg, der Verein befindet sich in schwerer See. Alle Beteiligten sollten diese Marginalie ganz, ganz schnell vergessen. Hier will jetzt niemand was von Einzelschicksalen und Befindlichkeiten hören, sehen und wissen. Gegen zuletzt starke Babelsberger wird es ohnehin schwer genug.

RWE vs. Stuttgarter Kickers 0:3 / Angst essen Verstand auf

Wie es um den FC Rot-Weiß Erfurt steht, konnte man an den Gesichtern der Zuschauer in meiner Nähe gut ablesen. Quasi: 50 Shades of Fassungs-, Rat- und Hoffnungslosigkeit. Die meisten litten eher still vor sich hin. Bei einigen gewann man den Eindruck sie schauen einem rasanten Tennisspiel zu, so regelmäßig wie sie ihren Kopf schüttelten. Andere, wenige, machten es wie immer und konzentrierten ihren Unmut auf die üblichen Verdächtigen: Tunjic, Pfingsten-Reddig, Engelhardt, Bertram, etc.

Selbst eine kurze taktische Analyse fällt schwer, auch weil ich das Gefühl habe, dass diese niemanden wirklich interessiert. Woher aber kommt der leblose Eindruck, den der RWE über die gesamten 90 Minuten vermittelte? Nun, es war offensichtlich, dass Alois Schwatz sehr viel Wert auf das permanente Einhalten der taktischen Grundordnung legte. Dagegen ist per se nichts einzuwenden. Allerdings führte die Angst vor einem Gegentreffer dazu, dass sie das gesamte Offensivspiel lähmte. Die Außenverteidiger schalteten sich so gut wie nie in die Angriffe ein, was zu permanenter Unterzahl auf den Flügeln führte. Die Spieleröffnung über das zentrale Mittelfeld wurde von den Kickers dadurch unterbunden, dass zum einen die Passwege zugestellt wurden, manchmal nahm man Engelhardt und Pfingsten-Reddig auch in Manndeckung. Damit blieben nur lange Bälle zur Spieleröffnung übrig. Oft wurden diese von Oumari auf den linken Flügel zu Drexler gespielt. Wenn sie denn mal ihren Adressaten fanden, sah sich Drexler meist zwei oder drei Gegenspielern gegenüber. Ein Überladen seiner Seite mittels der Unterstützung durch die Außenverteidiger (oder die Sechser) fand nicht statt. Das war in der letzten Saison noch anders. Da gab es die Variante der langen Bälle von Caillas auf Morabit (meist auch über links) ebenfalls, allerdings unterstützte damals Pfingsten-Reddig sehr häufig den Außenstürmer, was am Samstag völlig unterblieb.

An dieser Stelle stellt sich die grundsätzliche Frage nach dem Spielplan. Sicher ist es von großem Wert, nicht in Rückstand zu geraten. Und es gibt Gegner in dieser Liga, gegen die ein Unentschieden (auch zu Hause) durchaus ein brauchbares Resultat darstellt. Der Aufsteiger Stuttgarter Kickers zählt in seiner jetzigen Verfassung nicht dazu. Gegen die Jungs aus Degerloch muss ich ein Heimspiel gewinnen wollen. Ohne ein gewisses Maß an Risiko wird das nicht funktionieren. Gegen keinen Gegner. Zu diesem Zweck muss sich eben ein Außenverteidiger in die Flügelangriffe einschalten. Wenn die beiden nominellen Spielgestalter im zentralen Mittelfeld sehen, dass die Innenverteidiger Probleme haben Anspielstationen zu finden, muss sich einer zurückfallen lassen, um diese Aufgabe zu erleichtern. Selbst wenn ich – risikominimierend – auf lange Bälle setze, müssen sich ein Sechser und der zentrale offensive Mittelfeldspieler (Möhwald) vorher auf diese Seite orientieren, damit wenigstens ab und an eine dieser Situationen in einen Erfolg versprechenden Angriff mündet (z.B. über die Eroberung bereits abgewehrter «zweiter» Bälle.)

Wie bereits in den Spielen zuvor brach die Mannschaft nach dem Rückstand komplett auseinander, obwohl Schwartz relativ früh und nur positionsersetzend tauschte. Die Grundordnung blieb (nominell) erhalten, nachdem in den Spielen zuvor die Herausnahme eines Sechser bzw. die Auflösung der Viererkette gleichfalls völlig in die Hose gegangen war. Ich hätte bereits zur Halbzeit Tunjic aus dem Spiel genommen und Drexler in die Mitte beordert, einfach um einen Spieler im Sturmzentrum zu haben, der Bälle festmachen und auf nachrückende Mitspieler prallen lassen kann. Etwas was Mijo Tunjic (bei aller Laufbereitschaft) durchweg nicht gelang (und was wohl insgesamt nicht zu seinen Stärken zählt). Keine Ahnung, ob dies etwas verbessert hätte, aber ich hatte nach 45 Minuten schlichtweg das Gefühl (womit ich kaum der Einzige war), dass wir dieses Spiel verlieren werden, wenn sich nichts ändert.

Wie auch immer, momentan haben die Apokalyptiker Konjunktur. Und gute Argumente. Jedenfalls, wenn man Rechthaberei zum obersten Vereinsziel erklärt. Nach dem jetzigen Stand der Dinge wird zutiefst offenbar, dass Rolf Rombach und seine Jünger mit vielem was sie in den letzten Monaten getan, veranlasst und unterlassen haben grandios falsch lagen. Um das zu erkennen, benötigt es nicht viele Worte, ein Blick auf die Tabelle bzw. auf die Leistung der Mannschaft genügt. Dennoch, wozu genau in der gegenwärtigen Lage ein Machtvakuum beim RWE gut sein soll, erschließt sich mir nicht. Die Forderungen nach einem Rücktritt des Präsidenten (mitsamt seiner zugegeben semiprofessionellen Entourage) sind suizidal. Es existiert momentan keine erkennbare Alternative zu ihm, weder personell und schon gar nicht konzeptionell. Ich weiß, dass viele große Sorgen um die Zukunft ihres Vereins haben und auch, dass es allzu menschlich ist, jemanden für Niederlagen sofort haftbar machen zu wollen. Allerdings: Jegliches hat seine Zeit, und gerade jetzt ist der denkbar ungünstigste Zeitpunkt für Scharmützel zwischen Fans und Vereinsführung.

Wir werden diese Scheiße gemeinsam durchstehen oder die Zeit des RWE im deutschen Profifußball ist vorerst abgelaufen.

RWE vs. Wacker Burghausen 0:3 / Weiterkämpfen! Was sonst?

Kämpferisch auf und neben dem Platz: Dominick Drexler / © www.fototifosi.de

In keinem Lehrbuch der Theaterwissenschaften finden sich Handlungsanweisungen für das Stück, das gegenwärtig live-on-stage am Erfurter Steigerwald aufgeführt wird. Mehr noch: selbst Name und Gattung sind unbekannt. Komödie, Satire oder Drama? Mit Happy End oder ohne? Niemand weiß es. Der Theaterdirektor hat den alten Regisseur gefeuert und neue Darsteller verpflichtet. Doch plötzlich stehen alle auf der Bühne in denselben Kulissen wie bereits Wochen zuvor und geben denselben unverständlichen Text von sich. Ein Gefühl höchster Irritation greift um sich.

Was für modernes Theater als Meisterleistung gelten mag, ist für einen Fußballverein ein Desaster. Leider konnte ich dieses Mal nicht vor Ort sein; den größten Teil des Spiels verbrachte ich auf brandenburgischen Fernstraßen, die Tickermeldungen mit zunehmender Spieldauer erleidend (als Beifahrer wohlgemerkt).

Ich bin vermutlich nicht der Einzige, den diese Niederlage an das Spiel gegen Arminia Bielefeld erinnerte, nach dem Stefan Emmerling entlassen wurde. Oder irre ich mich da? Der RWE hatte zumindest die erste Großchance des Spiels, vermutlich geht das Spiel wenigstens nicht verloren, wenn Möckel einnetzt. Nicht in Rückstand zu geraten ist in dieser Liga – mit ihrer exorbitanten Leistungsdichte – erste Fußballerpflicht. Der FC Bayern kann einen Rückstand gegen den VfB Stuttgart locker verkraften und dennoch am Ende 6:1 gewinnen. Sie sind im Vergleich zu den Schwaben fußballerisch eindeutig besser besetzt. Eine ähnliche Dominanz existiert in der 3. Liga nicht. Ein Rückstand ist fatal, weil die gegnerische Mannschaft sich nun auf das konzentrieren kann, was sie viel besser beherrscht, als selbst das Spiel zu gestalten: Kontern, die sich bietenden freien Räume nutzen. Wer hinten liegt, versucht alles um die Niederlage abzuwenden. Er hat keine andere Wahl und ist dabei doch oft so erfolglos wie Alois Schwartz am Samstag. Zwei 0:3-Niederlagen in einer Woche sind zermürbend, sie klingen nach klaren Verhältnissen, wo gar keine waren. Das Umfeld wird noch unruhiger als es in Erfurt ohnehin schon der Fall ist, die Spieler (gerade die jungen) verlieren zusehends ihr Selbstvertrauen. Hamsterrad und so.

Deshalb fand ich das Interview von Dominick Drexler nach dem Spiel wegweisend. Im Wortsinn. Er hatte ein gutes Spiel gemacht, wollte sich auch vom mdr-Fieldreporter sein Selbstvertrauen nicht wegquatschen lassen, nicht in Sack und Asche gehen und gab sich für die nächsten Spiele zuversichtlich. Manchem RWE-Anhänger mag das (Minuten nach einer bitteren und hohen Niederlage) sauer aufstoßen, man hört anlässlich solcher Gelegenheiten wohl lieber wohlfeil vorgetragene Zerknirschung. Ich denke aber, dass Drexler mit dieser Herangehensweise richtig liegt. Ich weiß ebenfalls nicht, wie das Stück mit dem schmucklosen Arbeitstitel „FC Rot-Weiß Erfurt 2012/2013“ ausgehen wird, wohl aber weiß ich, dass mir kämpferische Helden lieber sind, als solche die aussehen und reden als wüssten sie bereits, dass sie als Sargträger engagiert wurden.

Rot-Weiß Erfurt vs. Offenbacher Kickers: Schade eigentlich!

Man sieht ihm an, dass der Ball nicht rein geht: Tobias Ahrens © www.fototifosi.de

In der Halbzeit herrschte an den Stehtischen hinter der Tribüne seltene Einigkeit: das waren sehr gute 45 Minuten des FC Rot-Weiß Erfurt. Fast makellos. Einziges Manko war die Chancenverwertung – wer einen Gegner so klar dominiert, sollte höher führen als mit dem knappsten aller Ergebnisse.

Das von Christian Preußer installierte und von Alois Schwartz beibehaltene 4-2-3-1-System bewährte sich erneut. Der RWE dominierte das Mittelfeld nach Belieben. Defensiv wie offensiv. Der OFC gab einen harmlosen Schuss auf das Tor von Rickert ab, während der RWE sich kontinuierlich Chancen erarbeitete. Nur eine davon wurde verwertet. Oumari schlug einen Franz-Beckenbauer-Gedächtnis-Pass auf Drexler, der sich im Zweikampf behauptete, die Übersicht behielt und Möhwald im Rückraum bediente. Der zog direkt ab und erzielte sein zweites Saisontor.

Auch die Auswechslungen Arie van Lents zur zweiten Hälfte ergaben zunächst kein völlig anderes Spiel. Der OFC tat sich mit der kompakten Erfurter Defensive weiterhin schwer. Doch das Mittelfeld der Kickers bekam jetzt seinerseits mehr Zugriff auf die Erfurter Spielgestalter. In Folge wechselte Möhwald häufiger auf den linken Flügel – wahrscheinlich um dort mit Czichos und Drexler Überzahlsituationen herzustellen. Das gelang nur in Maßen, schwerer wog hingegen seine Abstinenz im zentralen offensiven Mittelfeld. Tunjic verlor in der zweiten Halbzeit völlig die Bindung zum Spiel. Zudem gelang es ihm nicht mehr, die Bälle, die er erhielt, kontrolliert zu verarbeiten.

Das Spiel fing an langweilig zu werden, was angesichts der Erfurter Führung zu verkraften gewesen wäre. Nicht mit mir dachte sich der bis dahin unauffällige Schiedsrichter Thomas Stein und sorgte nun seinerseits für die «Höhepunkte» des Spiels. Zunächst wurde Strangl im Offenbacher Strafraum zu Fall gebracht – der Pfiff blieb zu Recht aus. Selbiges hätte man sich allerdings ebenfalls für den Zweikampf Oumari vs. Vogler vorstellen können. Mag sein, dass die jeweiligen Offenbacher Kombattanten etwas geschickter in ihrem Zweikampfverhalten waren, trotzdem ist zu vermerken: hier wurden vom Unparteiischen zwei ähnliche Situationen ungleich bewertet.

Der Tag hätte dennoch mit einer rot-weißen Sause enden können. Erneut nach Vorarbeit Drexlers, hatte Ahrens den Siegtreffer auf dem Fuß. Wie er dabei den OFC-Verteidigern auf zehn Metern zwei abnahm, war sensationell. Was seine Schnelligkeit betrifft, ist der Junge ein Naturereignis. Verdammt Schade, dass es ihm beim Abschluss noch ein wenig an Kaltblütigkeit mangelt. Jedenfalls in dieser Szene.

Ach ja, dann flog – gerade eingewechselt – noch Bernd Rauw vom Platz. Mag sein, dass dies vereinbar mit den Regeln und Anweisungen des DFB war. Allein – dann sollte man über diese Regularien ernsthaft nachdenken. Hier bewegt sich seit Jahren etwas grundsätzlich in die falsche Richtung. Eingepeitscht von Kommentatoren wie Marcel Reif – für den es in jedem zweiten Spiel ein Dutzend Roter Karten geben könnte („Bis sie es endlich begreifen.“) – verringern die Verbände sukzessive die Hemmschwelle für Schiedsrichter, einen Spieler des Feldes zu verweisen. Und verkennen dabei, dass diese Bestrafung eine Ultima Ratio sein sollte, weil sie die Wettbewerbsgleichheit eines Spiels maximal aus der Balance bringt.

In anderen Sportarten wird dies anders, meines Erachtens nach, besser geregelt. Sowohl beim Eishockey als auch beim Handball oder Feldhockey gibt es zeitlich begrenzte Strafen. Darüber sollte man für den Fußball dringend nachdenken. Zwar können Spieler auch von der Fortsetzung eines Spiels ausgeschlossen werden (z.B. bei grober Unsportlichkeit oder wiederholtem Foulspiel), jedoch ist es nach einer gewissen Zeiteinheit möglich, die nominelle Mannschaftsstärke wieder herzustellen. So bleiben Chancengleichheit (für die Beteiligten) und Spannung (für die Zuschauer) erhalten.

Es gäbe noch einen weiteren Vorteil, an dem nicht zuletzt Schiedsrichtern und Fußballverbänden gelegen sein sollte: Die Folgen von Fehlentscheidungen bei Roten Karten ließen sich drastisch begrenzen. Übrigens: der Kicker bewertete die Leistung von Herrn Stein mit einer glatten 5. Ist eben ein honoriges Fachmagazin.

1. FC Saarbrücken vs. RWE 0:2 / Der verdiente erste Auswärtssieg

Möhwald erzielte seinen ersten Drittligatreffer © www.fototifosi.de

Der Ludwigspark kündet eindrucksvoll von den großen Zeiten des 1. FC Saarbrücken. Und daran, dass diese bereits einige Zeit zurückliegen. Als Anhänger des RWE kommt einem das vertraut vor. Vertraut war einem auch die Aufstellung die Alois Schwartz ins Duell der beiden Traditionsvereine schickte. Wie bereits vermutet, änderte er Preußers Formation nur da wo er musste, und brachte Tunjic für den verletzten Morabit.

Die Spiele gegen Aachen und den BVB hatten der Mannschaft Sicherheit und Struktur gegeben. Das war von der ersten Minute an zu spüren. Wenn Saarbrücken das Spiel aus der Abwehr heraus aufbaute, versuchten Tunjic und Möhwald die Passwege ins Zentrum zu blockieren. Mit einigem Erfolg – der FCS war so gezwungen lange, hohe Bälle zu spielen oder verlegte seine Angriffsbemühungen viel zu früh auf eine der Außenbahnen. Beides war relativ einfach zu verteidigen. Möckel und Oumari machten ihren Job tadellos. Können sie diese Form konservieren, werden es Bertram und Rauw schwer haben ihre Stammplätze zurück zu erobern. Vor allem Möckel überzeugte mich dieses Mal nicht nur als Abwehrorganisator, sondern wusste sogar mit einigen gescheiten und genauen Bällen zur Spieleröffnung beizutragen. Bei eigenen Ballverlusten in der Hälfte von Saarbrücken wurde versucht – nicht selten mit Erfolg -, über Gegenpressing den Ball möglichst umgehend wieder in Besitz zu nehmen. Hier verdiente sich besonders der unglaublich agile und laufstarke Strangl Bestnoten, dem kein Weg zu weit und kein Zweikampf zu viel war. Im Grunde gilt dies ebenso für Drexler. Bei der Bewertung seiner Leistungen wird aufs Neue der Fehler wiederholt, der in der letzten Saison zu einem überkritischen Umgang mit Gaetano Manno führte. Beides sind von Haus aus Stürmer, müssen aber, wenn sie auf den Außenbahnen spielen, viel Energie aufwenden, um ihren defensiven Aufgaben nachzukommen. Exemplarisch erinnere man sich an die Defensivanfälligkeit der Bayern, sobald Robben und Ribéry ihre diesbezüglichen Pflichten vernachlässigen. Die Note 4 für Drexler in der heutigen TA ist eine Frechheit. Wer allein Tore zum Kriterium der Bewertung eines Spielers erhebt, versteht von der komplexen Aufgabenverteilung im modernen Fußball in etwa soviel wie Ottfried Fischer vom Vegetarismus.

Mijo Tunjic. Hier muss ich Abbitte leisten, denn eigentlich hatte ich nach dem Pokalspiel in Heiligenstadt alle Hoffnungen fahren lassen, dass es mit ihm und dem RWE noch jemals etwas werden könnte. Und jetzt das: Honeymoon – Kate und William vergleichsweise altes Ehepaar! Ganz abgesehen vom Tor – er nahm zum ersten Mal nennenswert am Spiel der Mannschaft teil, ließ sich tiefer fallen als zuletzt und erhielt so deutlich mehr Zugriff auf das Geschehen. Er leistete sich auch am Samstag das ein oder andere vermeidbare Fehlabspiel, glänzte aber andererseits mit einigen vertikalen, längeren Zuspielen. Und schoss – nach Freistoß von Pfingsten-Reddig – ein schönes, ungemein wichtiges Tor zur Führung des RWE. Wenn es ihm gelingt, diese Leistung zu verstetigen, werden wir noch viel Freude an ihm haben.

Meine einzige, klitzekleine Kritik am Coaching von Alois Schwartz: Ich hätte Tobias Ahrens schon zehn Minuten früher eingewechselt. Es sei an das Spiel der Erfurter in Wiesbaden in der letzten Saison erinnert. Bereits damals irrwischte Ahrens durch die Innenverteidigung und erzielte fast ein Tor. Diesmal hatte er (innerhalb von nur 4 verbleibenden Spielminuten) gleich zwei Großchancen, eine davon endete am Pfosten. Sobald nach einer Führung des RWE Konterräume vorhanden sind, ist Ahrens eine erstklassige Option. Mit seiner Schnelligkeit stellt er eine Heimsuchung für alle Verteidiger dar – noch dazu, wenn sie bereits 80 Minuten Spielzeit in den ausgelaugten Knochen haben.

Am nächsten Samstag kommt es im Steigerwaldstadion zum Spitzenspiel. Der Erste und Zweite der ewigen Drittligatabelle treffen aufeinander; gewinnt der RWE schubsen wir den OFC wieder vom Thron. Ein zweifelhaftes Vergnügen, ich weiß. Aber auch so ist das Wort vom Spitzenspiel nicht völlig absurd (sondern nur ein bisschen). Zwar ringen beide Mannschaften nach einem grandios verkorksten Ligastart vorerst um Anschluss ans Mittelfeld, allerdings befinden sich alle zwei Teams momentan in sehr guter Verfassung. Offenbach hat von den letzten 5 Ligaspielen drei gewonnen und keines verloren. Dazwischen fiel der so deutliche wie verdiente DFB-Pokalsieg gegen den Erstbundesligisten Greuther Fürth (2:0). Man muss kein Loddar Matthäus sein, um sicher davon ausgehen zu können, dass der OFC stärker sein wird als zuletzt Aachen, der BVB-Nachwuchs und Saarbrücken.

Ihr wisst schon: Prüfstein, harter Brocken und so.

RWE vs. Heidenheim 0:4 / The Dark Night Rises?

Großartige Choreo der Ultras / © www.fototifosi.de (Mit freundlicher Genehmigung)

Nach so einem Spiel, verbleiben drei Optionen darüber zu schreiben: Draufhauen, Positives zusammenkratzen oder eine raffinierte Mischung aus beidem. Das ist alles nicht wirklich zufriedenstellend. Die Wucht dieser deprimierenden Niederlage lässt Worte als das erscheinen, was sie in Wirklichkeit ja auch sind: unzureichende Konstrukte unseres Geistes.

Okay, ich wollte nur auch mal ein bisschen rumjammern. Hilft aber nichts.

Die ersten 120 Sekunden sahen vielversprechend aus, danach wurde es mitten am Tag Nacht im Steigerwaldstadion. Das lag in erster Linie an den erfahrenen Spielern des FC Rot-Weiß Erfurt und nicht an Möhwald, Göbel, Jovanovic oder Czichos. Insofern hat mich Bernd Rauws Interview in der heutigen Ausgabe der Thüringer Allgemeinen ziemlich auf die Palme gebracht. Dort stellt er – nach der mangelnden Erfahrung der jungen Spieler befragt – gönnerhaft fest: «Solche Fehler wie vor dem 2:0 passieren, die Jungs müssen daraus lernen.» Bevor wir zum zweiten Tor kommen, beschäftigen wir uns ganz kurz mit der Entstehung des Ersten: Der RWE hat – in Person von Bernd Rauw – Ballbesitz in der Abwehr. Rauw schlägt einen Alibipass ins Mittelfeldzentrum. Sehr unwahrscheinlich, dass den ein Mitspieler bekommt. Noch unwahrscheinlicher, dass er ihn – angesichts der Überzahl an Heidenheimer Spielern – behaupten hätte können. Prompt kommt der Gegenangriff: Rauw und ein Heidenheimer stoßen unglücklich zusammen. Freistoß. Der Rest ist bekannt. Ein ähnliches Muster vor dem zweiten Tor. Rauw muss vor dem Zuspiel auf Möhwald erkennen, dass dieser – in einer sehr gefährlichen Zone – sofort unter Druck geraten wird. Er erkennt es nicht (oder schlimmer: es ist ihm egal), weshalb er auch an diesem Gegentor eine Mitschuld trägt. Die Spielverlagerung nach links auf den freien Bertram wäre hier die wesentlich sinnvollere Variante gewesen. Also, lieber Bernd Rauw: Bitte erst mal die eigenen Fehler abstellen, bevor man denen der Anderen öffentlich Absolution erteilt.

Tom Bertram. Ich hatte in der Vorsaison schon mal darauf verwiesen, dass es Phasen wie diese in Bertrams Karriere schon öfter mal gab. Unvermittelte Leistungseinbrüche, haarsträubende Fehler, lethargisches Zweikampfverhalten sind ihre charakteristischen Merkmale. Er wird sich das vermutlich selbst nicht erklären können. Umso ratloser stehen wir damit da. Nur eines ist klar: er muss aus diesem Leistungsloch heraus – und zwar: so schnell wie irgend möglich.

Die Auswechslung Göbels zur Halbzeit war gerechtfertigt. In erster Linie, um den Spieler zu schützen. Es war nämlich wie so oft auf der Erfurter Haupttribüne: Diejenigen, die in der letzten Saison vehement nach jungen Spielern verlangten, sind die Ersten, die die Auswechslung dieser Spieler fordern, sobald sie Fehler machen. Vermutlich, weil sie selbst perfekte Geschöpfe des Herrn sind – auch wenn sie nicht so aussehen. Noch eines zu Patrick Göbel: Wir haben jetzt gefühlte Ewigkeiten mit mies ausgeführten Ecken und Freistößen leben müssen. Patrick Göbel kann dieses Defizit – zumindest teilweise – beheben, dies hat er in der A-Jugend-Bundesliga eindrucksvoll nachgewiesen. Er wird das auch in der 3.Liga tun, wenn ihm die dafür notwendige Zeit und Geduld eingeräumt wird. Für Göbel kam Strangl, der hatte sich gegen West Ham durchaus empfohlen, er konnte diese Leistung aber am Samstag leider nicht bestätigen.

Jetzt soll noch ein Innenverteidiger geholt werden. Das ist ein vernünftiges Unterfangen. Wichtiger wäre allerdings, Drexler und Morabit zu halten. Der Weggang der beiden würde eine – möglicherweise entscheidende – Schwächung der Mannschaft bedeuten, von der ich nicht weiß, wie sie ausgeglichen werden soll. Selbst wenn Paderborn die geforderten 400.000 EUR zu zahlen bereit wäre (was Wilfried Finke durchaus zuzutrauen ist), würde ich Morabit nicht ziehen lassen. Das Risiko, eventuell keinen – auch nur halbwegs adäquaten – Ersatz für ihn zu bekommen ist unkalkulierbar.

Jetzt geht es zum HFC. Die Hallenser hatten einen guten Start in die Liga. Wie schon in der Aufstiegssaison bauen sie auf eine kompakte, kaum zu überwindende Defensive. Wir müssen nicht lange herumreden: Der RWE wird dieses Spiel verlieren, wenn die fast schon atemberaubende Anhäufung individueller und taktischer Fehlleistungen nicht auf ein Normalmaß reduziert werden kann. Es könnte zudem nicht schaden, wenn ein wenig Glück hinzukäme. Da stehen wir also nach zwei Spieltagen, null Punkten und sieben Gegentoren: Wir rufen die Glücksgötter an. Holy shit!

Im Gegensatz zur Performance des RWE auf dem Rasen, fand ich die Choreo der Ultras definitiv bundesligareif. Ohne mich gleich mit allen Zielen einverstanden erklären zu müssen. Sie boten ein inhaltlich wie ästhetisch großartiges Gesamtkunstwerk, das die derzeitige Konstellation im deutschen Fußball treffend kommentiert: Der DFB macht momentan auf harter Hund und stellt sich – recht unreflektiert – gegen eine große, sehr aktive Gruppe von Fans. Die etwas nordkoreanisch anmutende Gesprächsverweigerung des DFB konterten die Erfurter Ultras mit Fantasie und Ironie. Wenigstens ein Sieg an diesem Nachmittag.

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